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Der Diplomat im Shitstorm

Facebook und Twitter sind Thema der Außenpolitik geworden. „Brisant wird das, wenn etwas schief läuft“, so Niklas Hofmann zur Diskussion um digitale Diplomatie. DW und ifa-Institut hatten in Berlin eingeladen.

Ben Scott, Fellow bei der Stiftung Neue Verantwortung e.V., Adelheid Feilcke, Kulturchefin Deutsche Welle, und Sebastian Körber, Stv. Generalsekretär des ifa-Instituts.
Podiumsdiskussion "Digitale Herausforderung" in Berlin

Der Kontrollverlust der Außenpolitik auf dem Gebiet Sozialer Medien sei „unvermeidbar“, so Niklas Hofmann. Der freie Journalist diskutierte mit Sandro Gaycken, Olaf Böhnke, Geraldine de Bastion und Asiem El Difraoui über Internationale Beziehungen in Zeiten von Web 2.0. Anlass der Diskussion war das soeben erschienene gleichnamige Buch, das DW-Kulturchefin Adelheid Feilcke und Sebastian Körber, Stellvertretender Generalsekretär des ifa-Instituts, zu Beginn vorstellten.

Gefahr des Kontrollverlusts
Auslöser für Kontrollverlust könnten etwa bezahlte Internet-Kommentatoren sein, die Shitstorms ins Rollen bringen, so Hofmann. Das Phänomen bezahlter Kommentatoren gebe es nicht nur in China. „Das kann Diplomaten jetzt auch in nicht-repressiven Staaten treffen.“ Wichtig sei daher, wie Politiker künftig mit dem Thema umgingen.
Die Cyber-Außenpolitik werde in Zukunft das größte Thema, so Sandro Gaycken von der Freien Universität Berlin. Seine favorisierte Maßnahme: „Wir müssen unsere Rechner sicherer machen.“ Die Sicherheit im Netz dürfe nicht länger die Entscheidung der Multi-Stakeholder sein, forderte Gaycken. „Das ist Top-Down-Staatsverantwortung. Das ist Aufgabe der Politik.“
„Wir lassen die positiven Aspekte der digitalen Entwicklung viel zu sehr außer Acht“, sagte dagegen Geraldine de Bastion. Das Potenzial für politische Kommunikation sei riesig. Sie wünsche sich von der Politik „mehr Enthusiasmus“ bei dem Thema, so die Medienberaterin von newthinking communications, Berlin. Moderator Ben Scott, Fellow bei der Stiftung Neue Verantwortung e.V., ergänzte, die Zahl derer, die in den USA Facebook und Twitter bei politischen Organisationen verfolgten, sei groß: „Was machen wir hierzulande daraus?“

Hype kreieren reicht nicht
Olaf Böhnke, European Council on Foreign Relations, Berlin, sagte, er sei sicher, dass dies „alles richtig ist, aber wir brauchen erst die Botschaften, dann müssen wir darüber nachdenken, auf welchem Weg wir diese verbreiten. Nur einen Hype zu kreieren reicht nicht“, so Böhnke. „Wir haben Botschaften, nämlich unsere Werte, etwa Pressefreiheit, Demokratieförderung“, sagte Asiem El Difraoui vom Institut für Medien- und Kommunikationspolitik, Berlin. Dabei erlebe er oft ein Glaubwürdigkeitsproblem, so Böhnke: Sein Institut biete Qualifizierungsmaßnahmen für Blogger in unfreien Staaten. „Wenn die mir sagen, lasst die Workshops, sorgt lieber dafür, dass eure Regierung nicht die Technik exportiert, mit der wir Journalisten ausspioniert werden, dann haben wir ein Problem mit unseren Werten.“

Zensurgelüste wachsen
„Die Zensurgelüste vieler Länder wachsen derzeit“, bestätigte Sandro Gaycken. Es gehe überall darum, eine Masse zu kontrollieren. „Wenn wir in Deutschland weiterhin an der Entwicklung dieser Zensurtechnologie mitwirken, ist der Informationsmarkt irgendwann dicht.“ El Difraoui forderte, beim Umgang mit dem rasanten Tempo der technischen Entwicklung müssten Deutschland und Europa dringend zulegen und mehr investieren. „Ansonsten verpassen wir Chancen.“