Afrika 2025: Kampf um Demokratie und Wachstum
1. Januar 2025In Mosambik werden die aktuellen Unruhen über den Jahreswechsel hinaus anhalten, darin sind sich politische Beobachter einig. Nach den Präsidentschaftswahlen im Oktober 2024 war es in dem ostafrikanischen Land zu gewaltsamen Protesten gekommen. Die Anhänger des populären Oppositionsführers Venâncio Mondlane warfen der repressiv agierenden Regierungspartei FRELIMO Wahlbetrug vor.
Die Oppositionspartei PODEMOS, die Mondlane unterstützt, hatte Klage beim Verfassungsgericht eingereicht und einen Dialog mit der FRELIMO gefordert. Die aus einer Befreiungsbewegung hervorgegangene Partei reagiert das Land seit seiner Unabhängigkeit von Portugal vor rund einem halben Jahrhundert.
Mehr Transparenz bei Wahlen notwendig
"Der Dialog, in dem es um fundamentale Punkte für ein gerechtes Wahlsystem gehen soll, wird von der Regierung nicht ernst genommen", sagt Adriano Nuvunga, Direktor des Centre for Democracy und Human Rights in Mosambiks Hauptstadt Maputo. Im DW-Interview spricht er von bürgerkriegsähnlichen Zuständen in der Stadt.
Auch in anderen afrikanischen Ländern gebe der kritische Zustand der Demokratie weiter Anlass zur Sorge, sagt Serwah Prempeh, Senior Fellow beim Africa Policy Research Insitute (APRI). Tunesien und Mauretanien beispielsweise hätten zwar Schritte zur Demokratisierung unternommen, doch die vergangenen Wahlen seien von Unregelmäßigkeiten geprägt gewesen.
Viele Länder Afrikas müssten ihre Institutionen stärkten, um die Integrität und Qualität von Wahlen, die Transparenz und das Mehrparteiensystem zu verbessern, warnt Prempeh. "Insgesamt sind Fortschritte zu verzeichnen und diese Bereiche demokratischer Resilienz geben Anlass zur Hoffnung."
Südafrikas Koalitionsregierung unter Erfolgsdruck
Im Jahr 2024 gab es mehrere Wahlen in Afrika, etwa in Mauritius, Botsuana und Senegalund in Südafrika, wo es zu einen friedlichen Übergang von einer langjährigen Einparteien- zu einer Koalitionsregierung gekommen ist. In all diesen Ländern hätten Oppositionsparteien an Boden gewonnen, sagt der südafrikanische Analyst Daniel Silke der DW. Er erwartet, dass sich dieser Trend 2025 fortsetzt.
Für Südafrika, dem größten Industrieland auf dem Kontinent, geht es nach derhistorischen Wahlniederlage des lange Zeit alleine herrschenden Afrikanischen Nationalkongress (ANC) und der Bildung einer Koalitionsregierung mit der Demokratische Allianz (DA) um alles: "Die Regierung der nationalen Einheit steht unter Druck, Ergebnisse zu liefern", betont Silke mit Blick auf die Kommunalwahlen 2026.
Zentral für einen politischen Erfolg in Südafrika im kommenden Jahr sei es, Arbeitsplätze zu schaffen und die marode Wirtschaft anzukurbeln. Reformimpulse der neuen Regierung haben die Wachstumsaussichten bereits leicht verbessert; die Prognosen für 2025 reichen von 1,5 Prozent (Internationaler Währungsfonds) bis 2,6 Prozent (Economist Intelligence Unit).
Südafrika befindet sich zudem in einer besonders günstigen Lage. Ende 2024 hat es die Präsidentschaft der G20 übernommen - als erstes afrikanisches Land überhaupt. Damit bekommt die Regierung in Pretoria die Chance, neben nationalen Interessen verstärkt den Kampf gegen Armut, Klimawandel, Verschuldung und Entwicklung international in den Fokus zu stellen.
Präsident Cyril Ramaphosa sieht Südafrika als Sprachrohr für den Kontinent und den globalen Süden - Gelegenheit dafür bietet sich während der einjährigen G20-Präsidentschaft vermehrt, insbesondere beim G20-Gipfel am 27./28. November 2025 im eigenen Land, wenn die Staatsoberhäupter aus 19 Mitgliedstaaten sowie Repräsentanten der EU und der Afrikanischen Union in Johannesburg zusammenkommen werden.
Leichter wirtschaftlicher Aufschwung
Die Wirtschaft der Länder südlich der Sahara wird laut Weltbank 2025 voraussichtlich um 4,0 Prozent wachsen, angetrieben durch Handel, Investitionen und die digitale Transformation. Neben Südafrika dürften auch starke Volkswirtschaften wie Nigeria und Kenia anhaltendes Wachstum verzeichnen. Aber auch Schwellenländer wie Ruanda und Äthiopien gewinnen zunehmend an Dynamik.
Die am schnellsten wachsende Region des Kontinents ist Ostafrika. Dort werde das Bruttoinlandsprodukt von geschätzten 4,9 Prozent 2024 auf 5,7 Prozent 2025 steigen, prognostiziert die Afrikanische Entwicklungsbank (AfDB). Angesichts der globalen geopolitischen Risikofaktoren werde jedoch der Druck auf Afrika zunehmen - durch die USA, China, Russland und andere Staaten, so Silke. Unter der Präsidentschaft von Donald Trump drohe zudem ein Handelskrieg mit den USA.
"Das kontinentale Freihandelsabkommen (AfCFTA) könnte stärker in den Mittelpunkt rücken, da es für die afrikanischen Länder angesichts des weltweiten Gegenwinds wichtiger wird, ihren innerafrikanischen Handel hochzufahren", meint Silke. Insgesamt seien die Grundlagen Afrikas aber nach wie vor solide, die Möglichkeiten für die Märkte auf dem Kontinent enorm.
Allerdings nimmt der fiskalische Druck laut der Ghanaerin Prempeh in vielen Staaten zu. So würden die ohnehin schon geschrumpften Haushalte fragil bleiben und Währungsschwankungen, Misswirtschaft und steigende Zinszahlungen zu einem untragbaren Schuldenniveau führen, zum Beispiel in Ghana, Sambia und Nigeria.
"Der Weg nach vorne im Jahr 2025 erfordert die Stärkung der Institutionen und die Einführung solider wirtschaftlicher Management- und Regierungspraktiken", sagt Prempeh.
Humanitäre Krisen und islamistischer Terror
Regionale Krisen werden die Entwicklung jedoch weiter ausbremsen. Kriege und bewaffnete Konflikte, aber auch extreme Wetterbedingungen haben Millionen von Menschen in die Flucht getrieben.
So lebten laut eines Berichts der Internationalen Beobachtungsstelle für Binnenvertriebene (IDMC) von Ende 2024 in Afrika rund 35 Millionen Menschen als Geflüchtete innerhalb ihrer Heimatländer; die meisten von ihnen im Sudan, der Demokratischen Republik Kongo, Äthiopien, Nigeria und Somalia.
Ohne ein größeres Engagement der Regierungen und ihrer Partner werde die Zahl der Binnenvertriebenen weiter steigen, prognostizieren die Autoren des Berichtes.
Auch in Westafrika und der Sahelzone kommt es laut Prempeh immer wieder zu erheblichen politischen Rückschlägen: Die jüngsten Staatsstreiche und bestehenden Militärregierungen in Niger, Tschad, Burkina Faso, Guinea und Mali drohen, demokratische Fortschritte wieder zunichte zu machen. Zudem wird weiter auch der islamistische Terror ein großes Risiko für die Sicherheit und Wahlen in dieser Region bleiben.
Eine positive Entwicklung zeichnet sich in Gabun ab: General Brice Oligui Nguema hatte sich 2023 an die Macht geputscht und Langzeitherrscher Ali Bongo abgelöst. Nach einer erfolgreichen Abstimmung über eine Verfassungsänderung ist Gabun auf dem Weg zurück zu einer Zivilregierung - wenn die Präsidentschaftswahlen im August frei und fair ablaufen.
Im benachbarten Kamerun dagegen regiert der 91-jährige Paul Biya seit 41 Jahren und wird laut Prempeh 2025 erneut kandidieren - ein Zeichen für anhaltende auch wirtschaftliche Fragilität: "Nicht nur in Kamerun, auch in Ländern wie Uganda und Ruanda haben Regierende ihre Amtszeit verlängert, während der zivilgesellschaftliche Raum schrumpft."