1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen
Politik

Lebenslang für Jennifer W. gefordert

13. September 2021

Die Vorwürfe wiegen so schwer, dass eigentlich kein anderes Strafmaß in Betracht kommt. Allerdings nur unter der Voraussetzung, dass die junge Frau auch schuldig gesprochen wird. Der Terrorprozess geht in seine Endphase.

https://p.dw.com/p/40Gg8
Deutschland München | Prozess Jennifer W., IS-Rückkehrerin
Die Angeklagte in dem Prozess Bild: Getty Images/S. Widmann

Im Prozess gegen die IS-Rückkehrerin und mutmaßliche Terroristin Jennifer W. hat die Bundesanwaltschaft eine lebenslange Haftstrafe gefordert. W. habe durch Untätigkeit den Tod eines fünfjährigen Mädchens zu verantworten, sagte Oberstaatsanwältin Claudia Gorf am Montag vor dem Oberlandesgericht München. Die Angeklagte sei unter anderem der Versklavung mit Todesfolge, der Mitgliedschaft in einer Terrororganisation und Kriegsverbrechen schuldig.

Aus Lohne nach Falludscha

W. steht seit April 2019 vor Gericht. Die junge Frau aus Lohne in Niedersachsen war nach eigener Aussage im Jahr 2014 in den Irak gereist, um dort aus ideologischer Überzeugung einen Kämpfer der Terrororganisation Islamischer Staat (IS) zu heiraten. Der Anklage zufolge kaufte das Paar eine Frau, die der vom IS systematisch verfolgten Religionsgemeinschaft der Jesiden angehörte, und deren Tochter als Sklavin. Mutter und Kind waren immer wieder Schlägen, Demütigungen und Bedrohungen ausgesetzt, wie die Mutter während einer elf Tage langen Aussage im Prozess angegeben hatte.

In praller Sonne

Im Sommer 2015 soll W. im irakischen Falludscha zugesehen haben, wie das kleine Mädchen ungeschützt in praller Sonne starb, nachdem ihr Ehemann es angebunden hatte. Laut Anklage war die Fünfjährige krank und hatte ins Bett gemacht. Draußen bei 45 Grad an ein Fenster gefesselt zu werden, sei die Strafe dafür gewesen. W. habe nichts unternommen, obwohl sie im Gegensatz zu den Sklaven keine Misshandlungen durch ihren Mann habe fürchten müssen.

Deutschland Prozess Jennifer W.
Die Vertreterinnen und Vertreter der Anklage, links Oberstaatsanwältin Claudia GorfBild: DW/M. von Hein

Die Mutter des Mädchens leide bis heute nicht nur unter dem Verlust ihrer Tochter, sondern auch unter Schmerzen und habe eine "tiefgreifende Verletzung der Seele" davongetragen. "An der Verantwortlichkeit für den Tod der Tochter kann kein Zweifel verbleiben", sagte Oberstaatsanwältin Gorf. Die Bundesanwaltschaft sieht es zudem als erwiesen an, dass die Angeklagte für die religiöse Sittenpolizei des IS tätig war und bewaffnet in Parks patrouilliert hatte. Durch ihr Handeln habe sie den Vernichtungsfeldzug des IS gegen die Jesiden gefördert.

Lange geschwiegen

Jennifer W. hatte in dem seit rund zweieinhalb Jahren laufenden Verfahren lange geschwiegen - bis sie sich im März dieses Jahres zu den Vorwürfen äußerte. Sie gab an, dass sie dem Mädchen habe helfen wollen. Wegen ihres Mannes habe sie sich jedoch nicht getraut. Lediglich die Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung räumte sie ein.

ml/rb (dpa, afp)