Annäherung nach Schlagabtausch
19. Oktober 2012Im Konflikt über die Einführung einer gemeinsamen Bankenaufsicht haben sich die Staats- und Regierungschefs der 27 EU-Länder bei ihrem Gipfeltreffen in Brüssel auf einen Kompromiss verständigt. Der rechtliche Rahmen für das gigantische Vorhaben solle bis Jahresende stehen, teilte Kommissionssprecher Olivier Bailly mit. Die Aufsicht unter dem Dach der Europäischen Zentralbank (EZB) werde dann im Laufe des Jahres 2013 schrittweise in die Praxis umgesetzt.
Dieser Zeitplan sei schon "sehr ambitioniert", sagte Merkel nach zehnstündigen Beratungen am frühen Freitagmorgen. "Wir haben immer gesagt, Qualität muss vor Schnelligkeit gehen. Ziel Deutschlands sei "eine Bankenaufsicht, die diesen Namen auch verdient, denn wir wollen ja etwas besser machen als das was wir heute schon haben", fügte sie hinzu. Die neue Kontrollbehörde ist Voraussetzung dafür, dass marode Finanzinstitute direkt Finanzspritzen aus dem Euro-Rettungsfonds ESM erhalten können.
Nord gegen Süd
Um den Zeitplan hatte es heftigen Streit zwischen Deutschland und Frankreich sowie deren jeweiligen Verbündeten aus dem Norden und dem Süden der Europäischen Union gegeben. Während die "Südländer" - angeführt von Frankreichs Staatschef François Hollande - auf das Startdatum 1. Januar 2013 drängten, pochte vor allem Deutschland auf genügend Zeit zur Umsetzung und Nachbesserungen.
Ein Irrweg!?
Die EU-Staats- und Regierungschefs befassten sich auch mit Plänen der EU-Spitze für einen grundlegenden Umbau der Wirtschafts- und Währungsunion. Deutschland und Frankreich waren sich grundsätzlich einig in der Frage, der Eurozone ein gesondertes Budget zu geben, um gezielt Reformen in Euro-Ländern zu unterstützen. Aber: Hollande befürwortete eine Vergemeinschaftung von Schulden, Merkel lehnte dies als "ökonomischen Irrweg" ab. Beschlüsse dazu sollen auf dem Dezember-Gipfel fallen.
Die Kanzlerin plädiert zudem für einen starken EU-Währungskommissar mit Eingriffsrechten in nationale Haushalte, falls sich Länder nicht an ihre Stabilitätsvorgaben halten. Frankreichs Präsident hob hingegen hervor, eine Stärkung des Währungskommissars stehe in Brüssel nicht zur Debatte.
Lob an Griechenland
Die Spar- und Reformanstrengungen Griechenlands wurden von den Staats- und Regierungschefs der Eurozone ausdrücklich unterstützt. "Guter Fortschritt wurde gemacht, um das Anpassungsprogramm wieder in die Spur zu bringen", erklärten die 17 Länder der Währungsunion am frühen Freitagmorgen. Zugleich riefen sie die Regierung in Athen auf, ihre Haushalts- und Strukturreformen fortzusetzen. Wenn alle Maßnahmen umgesetzt würden, werde dies das Wachstum fördern und den Verbleib Griechenlands in der Eurozone sichern.
wa/GD (dpa, dapd, afp, rtr)