Festgehaltene Migranten auf Festland gebracht
15. März 2020Die rund 440 Migranten, die zehn Tage auf einem Marineschiff im Hafen von Mytilini auf Lesbos festgehalten worden waren, sind aufs griechische Festland gebracht worden. Das berichtete die griechische Nachrichtenagentur ANA-MPA unter Berufung auf das griechische Migrationsministerium. Die Menschen seien nun in einem geschlossenen Auffanglager nördlich von Athen untergebracht worden.
Bis zum kommenden Samstag sollen den Angaben zufolge all jene Migranten von den griechischen Inseln in geschlossene Einrichtungen auf dem Festland gebracht werden, die seit dem 1. März illegal von der Türkei übergesetzt waren. An diesem Tag hatte die griechische Regierung das Asylrecht für einen Monat ausgesetzt und angekündigt, alle neu ankommenden Migranten in geschlossene Lager zu bringen und dann in ihre Herkunftsländer auszuweisen.
Asylrecht außer Kraft
Wie die Welt am Sonntag berichtet, geht dies aus einem der Zeitung vorliegenden Dokument hervor, das den Menschen im Hafen von Mytilini ausgehändigt wurde. Darin wird ihnen von der Polizeidirektion Lesbos mitgeteilt, dass sie auf einer Liste von "unerwünschten Migranten" stünden und daher abgeschoben werden würden.
Dem Schreiben zufolge haben die Personen sechs Monate Zeit, bei der Identitätsfeststellung mitzuwirken; solange sollen sie inhaftiert bleiben. Sofern sie nicht kooperieren, würden sie ein weiteres halbes Jahr in Haft bleiben. Auf Anfrage der Welt am Sonntag bestätigte Manos Logothetis, Sekretär für die Ernstaufnahme von Migranten im griechischen Innenministerium, die Echtheit des Schreibens. Die Frage, ob die Türkei die Menschen wieder zurücknehme, beantwortete er nicht.
Nach der Ankündigung der Türkei, Migranten auf dem Weg in die EU nicht mehr aufzuhalten, hatte Athen entschieden, das Asylrecht für maximal 30 Tage außer Kraft zu setzen. Migranten, die in dieser Zeit illegal nach Griechenland einreisen, sollen keinen Asylantrag stellen dürfen und zeitnah abgeschoben werden.
EU-Länder wollen Menschen aufnehmen
Die Flüchtlingshilfeorgansiation Pro Asyl kritisierte das "skandalöse Schweigen der EU-Innenminister zum Rechtsbruch in Griechenland". Unter den Migranten seien viele Familien mit kleinen Kindern. Ihnen drohe nun die Zurückschiebung in die Türkei. Das Schweigen der EU sei ein "menschenrechtlicher Dammbruch", sagte Pro Asyl-Geschäftsführer Günter Burkhardt.
Caritas-Präsident Peter Neher begrüßte unterdessen die Entscheidung einiger EU-Länder, insgesamt 1600 geflohene Kinder und Jugendliche von den griechischen Lagern aufzunehmen. Die Zahl sei jedoch angesichts der unerträglichen Zustände auf den griechischen Inseln viel zu niedrig gegriffen. Die katholische Hilfsorganisation forderte weiterhin die Aufnahme von besonders schutzbedürftigen Menschen, wie unbegleitete Minderjährige, Kinder und ihre Familien, Schwangere und Schwerkranke. Mehrere Kommunen und Organisationen hatten ihre Bereitschaft erklärt, Menschen aufzunehmen, "dies gilt es aufzugreifen".
pgr/uh (dpa, epd)