Auf Mozarts Spuren in Wien
16. Januar 2006Das imperiale Wien gehört mit seinen klassizistischen Bauten, Jugendstilfassaden und barocken Häusern zum Welterbe der Menschheit. Hier lebt die Erinnerung an ein goldenes Zeitalter der Menschheit, in dem Wien gewissermaßen der Acker war, auf dem Symphonien wuchsen, Streichquartette, Opern, Klaviersonaten, Konzerte und Lieder.
Ludwig van Beethoven kam aus Bonn, Anton Bruckner aus Oberösterreich, Joseph Haydn aus Niederösterreich, Johannes Brahms aus Hamburg. Und 1781 übersiedelte Wolfgang Amadeus Mozart von Salzburg nach Wien. Er wollte endlich mehr sein als ein Hof- oder Kirchenmusiker. Es drängte ihn, Opern zu komponieren, was in Salzburg kaum möglich gewesen war. Im Wiener Deutschordenshaus gelang ihm die Befreiung aus der Bevormundung des verhassten Erzbischofs, zugleich die Abnabelung von seinem Vater, Lehrer und Mentor.
Bis zu seinem Eintreffen in der Kaiserstadt war Mozart fast neun Jahre lang auf Reisen gewesen: in Metropolen wie Paris, London oder Wien, wo er im Oktober 1762 sein erstes öffentliches Konzert gab. Und zwar im Palais Collalto am Hof, einem Platz mit Mariensäule, Zeughaus und hübschen Bauten aus dem 18. Jahrhundert:
Figaro-Haus und Stephansdom
Beethoven brachte es in 35 Wien-Jahren auf 44 Umzüge. 16 Mal musste der Wiener Franz Schubert in den elf Jahren seiner Tätigkeit als freischaffender Musiker seine Wohnungen wechseln. Und Mozart? In Wien verbrachte der Komponist die letzten zehn Jahre seines Lebens. Rechnet man die ersten Wien-Aufenthalte des Kindes und Jugendlichen Mozart hinzu, so sind es 14 Wohnungen, die er über kürzere oder längere Zeit bewohnte. Erhalten geblieben aber ist nur die Wohnung in der engen, malerischen Domgasse. Hier komponierte er etwa die Oper "Die Hochzeit des Figaro", weshalb auch vom "Figaro-Haus" die Rede ist.
Ganz in der Nähe des Mozarthauses der Stephansdom, das Wahrzeichen der Stadt. Gleich zweimal war dieses Gotteshaus für Mozart von Bedeutung. Hier heiratete er Constanze Weber - und hier wurde seine sterbliche Hülle eingesegnet.
In der Kärntnerstraße, der Einkaufsstraße Wiens, erinnert an dem großen Kaufhaus "Steffl" eine Plakette daran, dass an dieser Stelle bis 1849 jenes Haus gestanden hat, in dem Wolfgang Amadeus Mozart am 5. Dezember 1791 gestorben ist: Hier hat er die "Zauberflöte" komponiert, hier entstand auch sein letztes Werk, das "Requiem". Auf dem Friedhof St. Marx befindet sich das so genannte Mozart-Grab. Denn bis heute weiß man nicht, wo die Gebeine des größten musikalischen Genies aller Zeiten tatsächlich liegen.
"Calling Mozart"
Den historischen Stadtkern umschließt die Ringstraße, ein über vier Kilometer langer Prachtboulevard mit eleganten Geschäften und spektakulären Gebäuden: das Rathaus, das Parlament, mehrere Museen, die Staatsoper und natürlich die Hofburg, die einstige Winterresidenz der Habsburger. Im Burggarten, der ursprünglich Kaisergarten hieß, weil er nur dem Kaiserhaus vorbehalten war, ist Mozart verewigt.
"Calling Mozart" nennt sich ein Projekt, mit dem im Mozartjahr rund fünfzig Orte in Wien mit Stelen markiert werden, an denen Mozart war, komponiert, gespielt, Geld verspielt hat. Projektleiter Harald Sidak: "Praktisch ist es so, dass man sein Mobiltelefon nehmen muss, die Nummer, die auf der Stele notiert ist, 05-1756, sein Geburtsjahr, wählt, über eine Nummer von eins bis fünfzig einen dreiminütigen Text zu der jeweiligen Stele hören kann."
"An Mozart kann man sich nicht satt hören", hat Nietzsche gesagt. So gesehen ist jedes Jahr Mozartjahr. Aber vom Jubel-Geburtstag am 27. Januar bis zum Projekt des amerikanischen Regisseurs Peter Sellars im Herbst gibt es 2006 eine Fülle von Highlights. Im Geiste Mozarts wurden Angebote gemacht: Auftragswerke, Kompositionen, Theaterstücke. Die große, offizielle Wiener Mozart-Ausstellung im Jubiläumsjahr findet vom 17. März bis 20. September in der Albertina mit ihren prachtvollen klassizistischen Prunkräumen aus der Mozartzeit statt.