Bessere PISA-Noten für deutsche Schüler
7. Dezember 2010Die vierte PISA-Bildungsstudie zeigt, dass die deutschen Schülerinnen und Schüler im Vergleich zu den mäßigen Ergebnissen der ersten Studie aus dem Jahr 2000 Fortschritte erzielt haben. So konnten sich die Jugendlichen in Mathematik und Naturwissenschaften erneut verbessern und schnitten sogar überdurchschnittlich ab. Dagegen fielen die Fortschritte beim Lesen geringer aus. Dies sind zentrale Ergebnisse der PISA-Studie, die am Dienstag (07.12.2010) in Berlin vorgestellt wurde.
Im internationalen Vergleich liegen die deutschen Jugendlichen aber immer noch im Mittelfeld. Die 15-Jährigen in Finnland und den asiatischen PISA-Spitzenländern sind ihnen mit ihrem Wissen und Können immer noch um ein bis zwei Schuljahre voraus. Als hartnäckiges Problem erweist sich die Chancengleichheit, die aus der sozialen Herkunft der Schülerinnen und Schüler resultiert. In keinem anderen Land habe ein "sozial ungünstiges Schulumfeld einen derart starken Einfluss auf die Leistungen von Kindern aus sozial schwachen Familien", beklagen die Autoren der Studie.
Weltgrößter Bildungstest
Pisa ist der weltweit größte Schulleistungstest. Dafür analysierte die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) die Leistungen von Schülern im Alter von 15 Jahren. Forscher erstellen die Studie seit 2000 in einem Rhythmus von drei Jahren. Die neue Untersuchung stammt aus dem Jahr 2009. Getestet wurden rund 470.000 Schüler in 65 Staaten - darunter alle 34 OECD-Länder. In Deutschland beteiligten sich rund 5000 Jugendliche an 223 Schulen.
PISA 2009 ist die größte der bisherigen vier Untersuchungen. Schwerpunkt der Untersuchung war diesmal Lesen und Textverständnis. Aber auch die Kenntnisse in Mathematik und Naturwissenschaften wurden miterfasst. Das mittelmäßige Abschneiden Deutschlands bei den ersten Tests hatte heftige Debatten über das deutsche Schulsystem ausgelöst. Danach wurden zahlreiche Reformen angestoßen.
Erst am Montag hat Bundesbildungsministerin Annette Schavan (CDU) ein weiteres Programm zur Leseförderung angekündigt. Mit der Aktion "Lesestart" sollen Kinder aus sozialen Brennpunkten bereits vor der Einschulung an Bücher herangeführt und zum Selberlesen ermuntert werden.
Schleicher lobt Verbesserungen
Der Chef der Pisa-Studie, Andreas Schleicher, attestierte der deutschen Bildungspolitik, insgesamt habe sich in der Bundesrepublik seit dem Start der ersten PISA-Runde im Jahr 2000 viel bewegt. Verbesserungen sieht er bei der frühkindlichen Bildung und der Förderung von Schülern mit Migrationshintergrund. Positiv sei auch die Entwicklung von der Drei- zur Zweigliedrigkeit in manchen Bundesländern. Schleicher: "Die Zusammenlegung von Haupt- und Realschulen ist ein entscheidender Schritt, um Bildungsbarrieren abzubauen." Das werde sich langfristig auch in den Resultaten des internationalen Pisa-Tests niederschlagen.
In der "Frankfurter Rundschau" empfahl Schleicher Deutschland, die Auswahl der Lehrer zu verbessern. "Man muss versuchen, die besten Köpfe für die Schulen zu gewinnen. Länder wie Finnland machen das recht erfolgreich vor", sagte der OECD-Bildungs- und Statistikexperte. In Deutschland folge der Lehrerberuf oft noch dem Modell des Industriearbeiters. "Irgendjemand entwirft einen Lehrplan und der Pädagoge sitzt in seiner Klasse und soll das dann umsetzen."
Nachdenken über Konsequenzen
Der Präsident der Kultusministerkonferenz, Bayerns Ressortchef Ludwig Spaenle (CSU), unterstützte Schleichers Vorschlag, die Auswahl von Lehrern zu verbessern. Lehrer seien "die zentralen Persönlichkeiten im Bildungsgeschehen". Im ARD-"Morgenmagazin" sagte der CSU-Politiker, nach der Präsentation der Studie müsse analysiert werden, wo Handlungsaufgaben seien. Es gebe "Licht und Schatten". Es sei kein Geheimnis, dass die soziale Herkunft in Deutschland immer noch zu stark das Bildungsergebnis junger Menschen beeinflusse, fügte er hinzu. Dem müsse man sich in besonderer Weise widmen.
Die stellvertretende Vorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), Marianne Demmer, sagte, Appelle an Eltern und Lesepaten reichten nicht aus. "Lesen und Textverständnis muss in den Schulen genauso systematisch geübt und betrieben werden wie Mathematik und Naturwissenschaften." Dazu müssten die Lehrer in allen Fächern und auf allen Schulstufen "das entsprechende Handwerkszeug lernen, das heißt Fortbildung und geeignete Unterrichtsmaterialien erhalten".
Autor: Reinhard Kleber (dpa, afp, rtr, dapd)
Redaktion: Martin Schrader