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Bildungsministerin unter Plagiatsverdacht

Sabine Damaschke 3. Mai 2012

Schon wieder gibt es Ärger um eine Doktorarbeit. Ausgerechnet die deutsche Bildungsministerin soll bei ihrer Dissertation unsauber gearbeitet haben. Die Universität Düsseldorf prüft die Vorwürfe anonymer Blogger.

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Bundesforschungsministerin Annette Schavan (Foto: dpa)
Bild: picture-alliance/dpa

Wissen, Gewissen und Vertrauen – diese drei Begriffe spielen im Wortschatz der deutschen Bildungsministerin und Theologin Annette Schavan eine große Rolle. "Wissenschaft hat auch mit Vertrauen zu tun“, mahnte die 56-jährige CDU-Politikerin Anfang 2011 in der Plagiatsaffäre um den damaligen Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg. Auf die Erklärung, eine Arbeit sei "nach bestem Wissen und Gewissen" verfasst worden, müsse sich ein Doktorvater verlassen können. Und dann fügte Schavan noch selbstbewusst hinzu: "Als jemand, der selbst promoviert hat, schäme ich mich nicht nur heimlich.“

Damit war klar: Die Bildungsministerin duldet als höchste Hüterin der Wissenschaft in Deutschland keine Schummeleien. Schließlich hat sie selbst ihre Doktorarbeit nach "bestem Wissen und Gewissen" geschrieben, wie sie in den vergangenen Tagen immer wieder betonte. Und nicht nur das. Sie kennt sich aus. Immerhin ging es in ihrer 1980 an der Universität Düsseldorf mit "magna cum laude" abgeschlossenen Dissertation um das Thema "Person und Gewissen. Studien zu Voraussetzungen, Notwendigkeit und Erfordernissen heutiger Gewissensbildung.“

Auf 50 Seiten geschummelt?

Kein Grund also, ein schlechtes Gewissen zu haben. Oder doch? Dieser Frage geht jetzt die Promotionskommission der Philosophischen Fakultät der Universität Düsseldorf nach. Denn ausgerechnet die Bundesbildungsministerin soll in ihrer 325 Seiten starken Doktorarbeit auf über 50 Seiten geschummelt haben – indem sie wissenschaftliche Quellen nicht vollständig auflistete und ihre eigenen Gedanken und Erkenntnisse nicht sauber von den Ausführungen anderer Autoren zum selben Thema abgrenzte.

Doktorhut mit Urkunde (Foto: Fotolia.com)
Passt er noch, der Doktorhut? - Die Uni Düsseldorf prüft dasBild: Fotolia/Gina Sanders

Der Plagiatsvorwurf kommt diesmal nicht vom Berliner Plagiatsjäger-Netzwerk VroniPlag, das die Doktorarbeiten diverser prominenter Politiker unter die Lupe nahm und damit für die Aberkennung ihrer Doktortitel sorgte, unter anderem bei der FDP-Europapolitikerin Silvana Koch-Mehrin. Es sind anonyme Blogger, die seit dem vergangenen Sonntag auf einer Webseite mit dem Titel "schavanplag" alle unsauberen Stellen aus der Doktorarbeit der Bildungsministerin auflisten.

Kein zweiter Fall Guttenberg

Ein unsichtbarer Gegner also, den Schavan zunächst aufforderte, sich zu erkennen zu geben. "Mit Anonymität kann ich nicht umgehen“, sagte die Ministerin in den deutschen Medien, bevor sie versicherte, dass sie ihr Thema "damals sehr genau bearbeitet" habe. Für die Quelle habe sie einen Zettelkasten verwendet, den sie noch heute besitze. Aber man könne eben nie ausschließen, dass ähnliche Gedanken oder Formulierungen auch in anderen Werken stünden. Deshalb hat Schavan die Universität Düsseldorf selbst darum gebeten, dass ihre Dissertation nun noch einmal genau überprüft wird.

Ob es tatsächlich zu einer Aberkennung des Doktorgrades kommt, ist allerdings fraglich. Denn auch VroniPlag hat die Disseration bereits unter die Lupe genommen – und sich dagegen entschieden, sie als "Plagiat" zu bezeichnen. "Einige Stellen aus Frau Schavans Arbeit sind aus meiner Sicht ganz klar Plagiate, aber insgesamt handelt es um keinen zweiten Fall Guttenberg", betont VroniPlag-Gründer Martin Heidingsfelder am Donnerstag in der "Neuen Osnabrücker Zeitung". Daher habe sich das Netzwerk schon vor Wochen entschieden, mit den Ergebnissen der Überprüfung nicht an die Öffentlichkeit zu gehen.

Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) (Foto: dapd)
Karl-Theodor zu GuttenbergBild: dapd

Kein Plagiat, aber auch keine ganz saubere wissenschaftliche Arbeit: Sollte die Promotionskommission der Uni Düsseldorf diese Ergebnisse bestätigen, stellt sie der Wissenschaftsministerin kein gutes Zeugnis aus. Vielleicht wird Schavan sich dann schämen – heimlich.