Freilassungen
14. Januar 2012Birmas Innenminister Ko Ko vermied es am Samstag (14.01.2012), die Bezeichnung "politische Häftlinge" zu verwenden. Die Namen der betreffenden, freigelassenen Menschen hätten auf einer Liste einer "politischen Organisation" gestanden, sagte Ko Ko weiter.
Damit meinte er offenbar die Partei Nationale Liga für Demokratie von Oppositionsführerin Aung San Suu Kyi. Auf der Liste stünden 604 Häftlinge, von denen "430 gefunden und 302 freigelassen" worden seien, sagte der Minister.
Kein Druck, sondern freie Entscheidung
Die Regierung Birmas will den Anschein vermeiden, sie habe dem Druck der Opposition und der internationalen Gemeinschaft nachgegeben. Innenminister Ko Ko betonte, mit den Entlassungen sei die Regierung keiner Aufforderung "von wem auch immer" nachgekommen. "Wir haben sie aus tatsächlichem Wohlwollen der Regierung heraus freigelassen", sagte er. Die restlichen auf der Liste stehenden Gefangenen könnten nicht freigelassen werden. Sie hätten "schlimme Verbrechen wie Terrorangriffe" begangen.
Die Zahl politischer Häftlinge in Birma war vor der Amnestie vom Freitag auf bis zu 1600 geschätzt worden. 651 sind seither freigelassen worden. Birma wurde jahrzehntelang von einer Militärdiktatur regiert. Seit März 2011 leitet Präsident U Thein Sein zusammen mit einer formal zivilen Regierung die politischen Geschäfte. Der frühere General überraschte Beobachter damit, dass er eine Reihe von Reformen einleitete und sich für Gespräche mit der Opposition öffnete. Er startete unter anderem einen Dialog mit Suu Kyi, der prominentesten Regimekritikerin und Friedensnobelpreisträgerin. Sie sprach ihm das Vertrauen aus und er ebnete ihr den Weg zurück in die Politik.
Sie tritt am 01. April zu den Nachwahlen zum Parlament an und dürfte dort dann de Fakto zur Oppositionsführerin aufsteigen. 25 Prozent der Sitze sind für das Militär reserviert, die meisten anderen gingen bei den umstrittenen Wahlen 2010 an die von der Junta gegründete Partei.
Internationales Lob für Freilassung
Deutschland, die USA und die Europäische Union begrüßten die Entscheidung über die Amnestie am Freitag. Die USA haben sogar die Aufnahme vollwertiger diplomatischer Beziehungen zu dem südostasiatischen Staat angekündigt. Die Freilassung sei "ein wesentlicher Schritt in Richtung demokratischer Reformen", hieß es in einer Erklärung von US-Präsident Barack Obama. Damit entsenden die USA und Birma erstmals seit 20 Jahren wieder Botschafter in das jeweils andere Land.
Die Amnestie ist nicht das erste Reformzeichen der birmanischen Regierung. Zuletzt hatte sie Todesurteile in lebenslange Haft umgewandelt und einen Waffenstillstand mit den Rebellen der Volksgruppe der Karen unterzeichnet. Die nun jüngste Freilassung politischer Häftlinge war eine Bedingung des Westens, um Sanktionen gegen Birma aufzuheben.
Autorin: Nicole Scherschuhn (afp, dapd, dpa, rtr)
Redaktion: Annamaria Sigrist