Bye bye, Bundestag
Es war die letzte Parlamentsdebatte vor der Bundestagswahl am 24. September. Ein Einschnitt für alle Abgeordneten - für manche aber ein besonders tiefer: Sie verlassen das Parlament. Wer geht, und warum?
Der Zeremonienmeister
Zwölf Jahre war Norbert Lammert (CDU) Bundestagspräsident. Mit einer unverwechselbaren Leichtigkeit und Souveränität war er über die Parteigrenzen hinweg beliebt und bei Medien für seinen treffsicheren Humor bekannt. Nur ein Vorgänger residierte länger im Amt, aber keiner hat als Parlamentschef gleich vier Bundespräsidenten vereidigt.
Die Aussteigerin
27 Jahre saß Erika Steinbach für die CDU im Parlament, im Januar erklärte sie ihren Austritt. Als fraktionslose Abgeordnete musste sie deshalb die restliche Legislaturperiode abseits der Parteibänke fristen. Die Konservative sympathisiert zwar mit der AfD, will sich aber kein neues Parteibuch zulegen. Ob sie sich mit kontroversen Äußerungen zurückhalten wird, bleibt abzuwarten.
Der Talkmaster
Von Anne Will bis Jan Böhmermann: Stets braungebrannt und mit einem flotten Spruch auf den Lippen, nahm Wolfgang Bosbach (CDU) oft und gern auf deutschen Talk-Sesseln Platz. Mit einer schillernden Karriere vom Supermarkt-Filialleiter zum Juristen und Berufspolitiker, ließ sich der Rheinländer und Ex-Karnevalsprinz von nichts aus der Ruhe oder in Linie bringen - vor allem nicht von Angela Merkel.
Münchens Diplomatin
Vor 30 Jahren erbte sie das Mandat der CSU-Ikone Franz Josef Strauß, als Landesgruppenchefin der CSU war Gerda Hasselfeldt die wichtigste Stimme der bayrischen Unionsschwester im bundesweiten Parlament. Im angespannten Verhältnis zwischen den Parteigranden Angela Merkel und Horst Seehofer wird ihre Vermittlungsfähigkeit spätestens bei den Koalitionsverhandlungen im Herbst fehlen.
Der heiße Draht in den Osten
Mit Gernot Erler (SPD) verliert der Bundestag nicht nur einen weiteren Parlamentarier mit jahrzehntelanger Mandatserfahrung, sondern auch einen echten Osteuropa-Experten. Der 73-Jährige spricht Russisch, war lange Staatsminister im Auswärtigen Amt und bis zuletzt der Russland-Beauftragte der Bundesregierung.
Der Aktivist
"Zwei Legislaturperioden sind genug", sagt Jan Van Aken (Die Linke), "und zwar aus privaten wie politischen Gründen." Der Atomkraft-Gegner und ehemalige Biowaffen-Inspekteur der Vereinten Nationen konnte auch in seinen acht Jahren Parlamentszeit nicht ganz den Greenpeace-Aktivisten hinter sich lassen: Für einen Sabotage-Aufruf der Atommüll-Transporte musste er sich vor Gericht verantworten.
Der Ur-Grüne
Vor genau 30 Jahren hat Hans-Christian Ströbele (Bündnis 90/ Die Grünen) schon einmal seine Arbeit als Parlamentarier beendet, jetzt möchte er aber endgültig nicht mehr kandidieren. Seit 2002 holte er regelmäßig als einziges Parteimitglied das Direktmandat. Den Bewohnern seines Wahlkreises Berlin-Kreuzberg/Friedrichshain werden die bunten Wahlplakate diesen Sommer sicherlich fehlen.
Der Gegangene
Erst rechtspolitischer, dann menschenrechtspolitischer, innenpolitischer, religionspolitischer und schließlich auch noch migrationspolitischer Sprecher: Es gab kein Thema, zu dem Volker Beck (Bündnis 90/Die Grünen) nicht mitreden konnte oder wollte. Nach seiner Drogenaffäre musste er erst alle Ämter abgeben, jetzt bekam er von seiner Partei auch keinen Listenplatz mehr bereitgestellt.