Der unvorstellbare Horror in libyschen Lagern
Elend, Folter und Luftangriffe: In Libyen sitzen Tausende Migranten unter schlimmen Bedingungen in Internierungslagern. Wer freikommt, dem droht in dem kriegsgebeutelten Land eine neue Gefahr.
Elend und Gewalt
Tausende Flüchtlinge aus afrikanischen Staaten werden zusammengepfercht in libyschen Internierungslagern festgehalten, damit sie sich nicht auf den Weg nach Europa machen. In einem UN-Bericht wird der "unvorstellbare Horror" angeprangert, dem Flüchtlinge ausgesetzt seien. Die Rede ist von Folter, Mord, Vergewaltigungen, Versklavung und Zwangsarbeit.
Bitte um Hilfe
In dem Bericht heißt es, dass die schweren Straftaten und Menschenrechtsverletzungen von staatlichen wie nicht-staatlichen Akteuren begangen würden, zum Beispiel von Milizen. Aber auch in den Lagern unter Kontrolle der Einheitsregierung fänden schwere Menschenrechtsverletzungen statt. Immer wieder bitten die Migranten vor Ort um Hilfe.
Mitten im Bürgerkrieg
Die Lager geraten zunehmend ins Kreuzfeuer der um Tripolis kämpfenden Milizenverbände. Da sind auf der einen Seite die Truppen aus dem Westen des Landes unter der nationalen Einheitsregierung von Ministerpräsident Fayez Sarradsch. Auf der anderen Seite sind die Verbände von General Khalifa Haftar, der mittlerweile den Osten und Süden des zweigeteilten Landes kontrolliert.
Der Tod kommt aus der Luft
So wurden mindestens 50 Flüchtlinge im Juli bei einem Luftangriff auf ein Internierungslager in Tadschura, einem östlichem Vorort von Tripolis getötet. Das Lager befand sich nur wenige Meter vom Waffenlager einer Miliz entfernt. Auch in der Nähe der Lager der Stadt Misrata fallen immer wieder Bomben.
Schließung gefordert
Sowohl die EU als auch die UN hatten mehrfach die Schließung der Lager gefordert. Auch das Auswärtige Amt hat die Lage in den libyschen Flüchtlingslagern kürzlich ungewöhnlich scharf kritisiert. Die EU steht allerdings im Kreuzfeuer der Kritik, weil sie die libysche Küstenwache finanziell unterstützt.
Abgefangen von der Küstenwache
Nachdem die EU-Rettungsmission "Sophia" wegen Uneinigkeiten über die Aufnahme der Menschen bis auf weiteres eingestellt wurde, sind verstärkt Schiffe der libyschen Küstenwache im Einsatz. Die auf dem Mittelmeer abgefangenen Flüchtlinge werden nach Libyen zurück und in die Lager gebracht. Dort sind sie unmenschlichen Haftbedingungen ausgesetzt und von Misshandlung bedroht.
Gefährliche Routen
Angesichts der verheerenden Zustände in dem Bürgerkriegsland forderte der Europarat die EU auf, die Zusammenarbeit mit der libyschen Küstenwache einzustellen. Zustimmung bekamen sie vom UNHCR und der Internationalen Organisation für Migration. Flüchtlinge nehmen aus Angst vor der libyschen Küstenwache auch gefährliche Routen über das Mittelmeer in Kauf. Allein 2018 ertranken 2300 Menschen.
Endlich an Land
Die Erleichterung war groß, als die noch 83 Flüchtlinge, die seit drei Wochen auf dem Rettungsschiff Open Arms im Mittelmeer ausharrten, nun doch in Lampedusa von Bord gehen durften. Einige hatten Weinkrämpfe und wurden gleich von Psychologen betreut. Viele Migranten haben vorher teils Jahre im Bürgerkriegsland Libyen in Lagern verbringen müssen, wo sie auch misshandelt wurden.
Schließung angekündigt
Libyens Innenminister hat zwar angekündigt, zumindest die Lager in Misrata, Tadschura und Chums zu schließen. Doch ob das inzwischen geschehen ist, ist unklar. Einen konkreten Plan für diejenigen, die freigelassen werden, gibt es derzeit noch nicht. Der UNHCR hat Unterstützung angeboten. In Freiheit droht ihnen in dem kriegsgebeutelten Land neue Gefahr.