Der Wilde Westen im Comic
Ein humorvoller Blick auf den "Wilden Westen"? Seit Jahrzehnten versuchen Comics dieses komplizierte Kapitel amerikanischer Geschichte aufzugreifen. Mal mehr oder weniger lustig, wie die Ausstellung "Going West!" zeigt.
Das große Abenteuer
Die weiten Prärien im Westen Amerikas lockten im 19. Jahrhundert unzählige Einwanderer. Die Realität war für die Siedler oft desaströs und wurde in heroischen Abenteuergeschichten und Comics kompensiert. Auch Mickey Mouse, 1933 gezeichnet von Floyd Gottfredson, suchte das Abenteuer im Wilden Westen. Das Bilderbuchmuseum Troisdorf zeigt Comics der letzten 100 Jahre zum Thema "Going West".
Von Menschlein und Monstern
Für die indianische Bevölkerung war die Besiedlung durch europäische Einwanderer in vieler Hinsicht lebensbedrohlich. Auch die Siedler empfanden die Begegnungen mit Mensch und Tier oft als Gefahr. Die dramatischen Übertreibungen amüsierten besonders städtische Leser im amerikanischen Osten. "His First Grizzly" erschien 1901 auf der Sonntagsseite der New York World. Der Zeichner ist unbekannt.
Böse Wilde gegen Little Nemo?
Die neuen Siedler nahmen den Ureinwohnern der nordamerikanischen Steppe das Ackerland und die Jagdgründe. Viele Stämme wurden nahezu ausgerottet. In manchen Comics werden die Indianer dennoch als heimtückische, immer in Horden auftretende Wilde dargestellt. Winsor McCays "Little Nemo in Slumberland" zeigt 1906 den kleinen Jungen Nemo, der mit einer Flinte bewaffnet die Spur der Indianer sucht.
Swinnerton's Little Jimmy
Der Amerikaner James Swinnerton (1875–1974) gehörte zu den Cartoonisten, die den Comic als populäre Gattung etabliert haben. Er blieb dem Genre sein Leben lang treu. Seine bekannte Comicserie "Little Jimmy" thematisiert die distanzierte Faszination des "Fremden". "Jimmy - Er raucht die Friedenspfeife" erschien in der Sonntagsseite der Seattle Times vom 18. Mai 1913.
Die Helden werden älter: Gasoline Alley
In den 1920er- und 30er-Jahren erlebte der Comic in den USA seine Blütezeit. Disney engagierte ab 1930 Zeichner und übertrug die Streifen in Stummfilme. Frank King gehört zu den Großen des Genres. Sein Comic "Gasoline Alley" erschien von 1918 bis 1959 in der "Chicago Tribune". Kings Blick auf den Westen war familiär und mutet - wie hier in einer Ausgabe vom August 1926 - touristisch an.
Tintin alias Tim bei den "Rothäuten"
Der belgische Zeichner Hergé (George Remis, 1907–1983) schickte seinen von den Pfadfindern inspirierten Helden Tintin – auf deutsch "Tim" – auf Abenteuerreisen nach Russland, in den Kongo und 1932 nach Amerika. Dort traf Tim auch auf Indianer, die sogenannten "Rothäute", für die Hergé Symphatie hegte. Der Comic für die Jugendbeilage der Zeitschrift Le Vingtième erschien später als eigener Band.
Neu und außergewöhnlich: White Boy
Der Künstler Garrett Price (1896–1979) blieb nur für kurze Zeit im Comicfach. Seine Geschichte "White Boy" um einen von Indianern gefangenen Jungen lief knapp drei Jahre. Er überschritt die Grenzen zur Kunst und inspirierte viele Nachfolger. Bis in die 1970er-Jahre schuf Price beim Magazin New Yorker viele Titelbilder. Hier abgebildet ein Detail der Sonntagsseite vom 26. August 1934.
Respekt vor den Ureinwohnern: Prince Valiant
Harold "Hal" Foster (1892–1982) schuf 1937 mit seinem Ritter Prince Valiant (Prinz Eisenherz) einen frühmittelalterlichen Comichelden. Hal war in Kanada geboren und liebte die Wildnis. Das schlug sich auch in seinen Comics nieder: Die indianische Kultur stellte er respektvoll - wenn auch aus heutiger Sicht etwas antiquiert - dar. So auch auf einer Sonntagsseite vom 15. Juni 1947.
Kindgerechte Abenteuer: Yakari
Der Schweizer Comiczeichner Derib (Claude de Ribaupierre, geb. 1944) würdigt in seiner bekanntesten Comic-Serie Yakari die indianische Kultur und die Schönheit der nordamerikanischen Landschaft. Seine Erzählungen um einen Indianerjungen, der mit Tieren sprechen kann, erscheinen in Frankreich seit 1973. Das Bild zeigt ein Detail aus dem Jahr 1979.
Fake Wildwest: Cowboy Wally
Die Figur des Cowboys erfuhr im späteren 20. Jahrhundert eine grundsätzliche Wandlung. Nicht zuletzt, weil man die Zeit der Kolonialisierung auch in den USA kritisch hinterfragte. In Kyle Bakers (geb. 1965) Graphic Novel "The Cowboy Wally Show" von 1988 ist der Held ein übergewichtiger Selbstdarsteller, der sich mit Wildwest-Symbolen wie dem Cowboyhut schmückt, um seine Umgebung zu beeindrucken.
Einsam und schräg: Vanderbilt Millions
Paul Hornschemeiers Graphic-Novel "Vanderbilt Millions - Is a Mental Case" von 2005 ist nicht weit entfernt vom Underground-Comic. Der Cowboy, der sein Pferd liebt, ist ein einsamer Held, ein Verlierer, der sich stets verdrückt. Hornschemeier ist bekannt für seine vielschichtige und komplexe Sicht auf das menschliche Dasein.
Geläutert: Lucky Luke
Lucky Luke reitet seit 1946 durch den Wilden Westen. 2011 wurde "Lucky Luke gegen Pinkerton" von Achdé (Hervé Darmenton) wiederbelebt. Statt der Zigarette, seinem einstigen Markenzeichen, hängt Lucky Luke ein Zweig zwischen den Lippen. - Die Ausstellung "Going West! Der Blick des Comics Richtung Westen" ist bis 26. April auf Burg Wissem zu sehen, danach im Wilhelm Busch-Museum Hannover.