Drogenrazzia gegen Münchner Polizisten
23. September 2020Der Drogen-Skandal im Münchner Polizeipräsidium weitet sich deutlich aus. Die Staatsanwaltschaft München I ermittelt inzwischen gegen 21 Polizisten, wie die Behörde mitteilte. Hintergrund ist der Verdacht auf Verstöße gegen das Betäubungsmittelgesetz und gegen das Anti-Dopinggesetz. Gegen einzelne Beamte werde auch wegen des Verdachts der Verfolgung Unschuldiger oder Strafvereitelung im Amt ermittelt.
170 Ermittler führen Razzia durch
Nach Angaben von Bayerns Innenminister Joachim Herrmann sind sechs Beamte suspendiert worden. "Weitere können abhängig vom Durchsuchungsergebnis sehr zeitnah folgen", sagte er der "Bild"-Zeitung. "Kriminelle haben bei der Bayerischen Polizei nichts verloren", sagte Herrmann. "So etwas ist absolut inakzeptabel und eines Polizisten nicht würdig."
Zuvor hatten rund 170 Ermittler eine großangelegte Drogen-Razzia in Dienststellen und Privatwohnungen von Polizisten durchgeführt. Bei der Razzia wurden 24 Wohnungen und Dienststellen in München und den Landkreisen München, Dachau, Wolfratshausen, Ebersberg und Fürstenfeldbruck durchsucht.
Die Ermittlungen waren 2018 ins Rollen gekommen, nachdem ein mutmaßlicher Drogenhändler vor Gericht angegeben hatte, mit Polizisten zusammen gearbeitet zu haben.
Mail an 50.000 Polizisten
Die deutsche Polizei steht insgesamt massiv unter Druck, seit mehrere Skandalfälle aufgedeckt wurden: Mitte September war bekannt geworden, dass mindestens 30 Beamte im bevölkerungsreichsten Bundesland Nordrhein-Westfalen in Chatgruppen rassistische und extremistische Inhalte austauschten. Landesinnenminister Herbert Reul hat sich nun in einer E-Mail an alle 50.000 Landespolizisten gewandt. Darin rief er dazu auf, strafrechtlich relevante Inhalte aus dem Kollegenkreis zu melden. "Ich bin davon überzeugt, dass wir gestärkt aus dieser Krise hervorgehen", schrieb der CDU-Politiker. Es gebe "keine Toleranz". Bislang sind 30 Polizisten vorläufig vom Dienst suspendiert worden, bei 14 steht die endgültige Entfernung aus dem Dienst bevor.
Bundesinnenminister Horst Seehofer stemmt sich weiter gegen die Durchführung einer zuvor von ihm selbst angeregte Studie, die mit wissenschaftlichen Methoden Fakten zum Ausmaß extremistischer und rassistischer Einstellungen unter Polizistinnen und Polizisten erheben sollte. Im Zuge der Proteste nach der Tötung des schwarzen US-Amerikaners George Floyd bei einem Polizeieinsatz hatte es auch in Deutschland eine Debatte über rassistische Polizeigewalt gegeben. Zuvor hatte eine Serie anonymer Morddrohungen in E-Mails mit der Signatur "NSU 2.0" einen Eklat ausgelöst - in einigen Fällen waren die Daten der meist weiblichen Opfer zuvor auf Polizeicomputern abgerufen worden.
nob/ehl/haz (afp, dpa)