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E-Auto als Stromspeicher für Haus und Netze

20. Dezember 2024

Batterien können nicht nur E-Autos antreiben, sondern auch Gebäude mit Energie versorgen und Stromnetze stabilisieren. Das wird möglich durch Bidirektionales Laden. Wie funktioniert das?

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Ein E-Auto steht auf einem Parkplatz vor einem Haus und wird geladen. Auf der Tür steht Bidirectional Ecosystem. Niederlande E-Fahrzeuge Laden Vehicle-to-grid (V2G)
In Utrecht (Niederlande) werden E-Autos vom Autoverleiher auch als Stromspeicher genutzt. Für alle Beteiligten lohnt sich die intelligente Kombination Bild: wedrivesolar

E-Autos haben sehr leistungsstarke Batterien. Geladen werden sie entweder aus dem Stromnetz oder von der Solaranlage auf dem Dach.

Wenn die Autos nicht in Betrieb sind, könnten ihre Batterien auch als Speicher für Gebäude und das Stromnetz genutzt werden. Das kann helfen, die Energiekosten zu senken. Wie funktioniert das und welche Probleme gibt es derzeit noch? 

Bidirektionales Laden: Wie funktioniert das?

Bisher fließt der Strom meist nur in eine Richtung: von der Ladesäule in die Batterie des E-Fahrzeugs. Die Batterie versorgt dann den Elektromotor, Elektronik und Licht, und im Winter die Innenraum-Heizung des Autos.

Der gespeicherte Strom in der Autobatterie kann aber noch mehr. Und immer mehr E-Autos ermöglichen diese Zusatzfunktionen.

Durch die Steckdose am Auto können beispielsweise externe Geräte versorgt werden, zum Beispiel ein Kühlschrank beim Campen, oder eine Bohrmaschine auf einer Baustelle. Außerdem können mit dem gespeicherten Strom auch andere E-Fahrzeuge geladen werden. Diese Zusatzfunktionen heißen V2D (Vehicle-to-Decive) und V2L (Vehicle-to-load).

Einige Modelle können mit der Autobatterie auch ganze Gebäude mit Strom versorgen (Vehicle-to-Home, V2H). Und mit machen kann man sogar Strom ins öffentliche Stromnetz einspeisen (Vehicle-to-Grid, V2G).

Für das Einleiten des Stroms aus der Autobatterie zurück ins Stromnetz ist allerdings ein sogenanntes bidirektionales Ladegerät erforderlich. Dieses kann sowohl Autos laden und auch umgekehrt den gespeicherten Strom aus der Autobatterie in Gebäude und das Stromnetz zurückleiten. Bisher haben allerdings nur wenige Ladesäulen diese Zusatzfunktion.

Ein Auto steht in einer Garage. Ein grafisch erstellter Steifen zeigt, wie der Strom aus der Steckdose ins Haus geleitet wird. Das Bild ist in der Dämmerung.
Vehicle-to-home: Tagsüber wird das E- Auto mit Solarstrom geladen, am Abend fließt Strom aus der Autobatterie ins Haus - so werden Stromkosten gespartBild: Volkswagen AG

Wie viel Strom kann eine Autobatterie speichern?

Die Batterien in E-Fahrzeugen werden immer günstiger und leistungsstärker. Die Batterie im Tesla Model Y hat beispielsweise mindestens 62 Kilowattstunden (kWh), beim ID.4 von VW sind es 77kWh und beim Kleinwagen Renault (R5) mindestens 40 kWh. Zum Vergleich: Der Stromverbrauch eines 2-Personen-Haushalts liegt in Deutschland bei rund 54 kWh pro Woche. Ein E-PKW der Mittelklasse könnte diesen Strombedarf also mit einer vollen Batterieladung komplett abdecken.

Die neuen Modelle ID.4 und R5 sind schon für die Stromversorgung von Gebäuden und für die Einspeisung ins Stromnetz ausgelegt. Mit einer bidirektionalen Ladesäule kann dann der Strom aus der Autobatterie genutzt werden. So kann etwa tagsüber Solarstrom vom Dach eines Hauses in die Autobatterie und am Abend aus dem Auto wieder zurück ins Gebäude fließen. So können die Bewohner abends den tagsüber günstig erzeugtem Solarstrom nutzen.

Hausbesitzer können sich durch die Verknüpfung mit dem E Auto den Einbau von zusätzlichen Batteriespeichern für die Solaranlage sparen. In Einfamilienhäusern haben diese Speicher meist eine Kapazität von 5 bis10 kWh und kosten derzeit bis zu 10.000 Euro. 

Über eine App können Autofahrer festlegen, bis zu welcher Grenze eine Autobatterie entladen werden darf, und wann zum Beispiel eine vollgeladene Batterie für eine Langstreckenfahrt gebraucht wird. So kann man beides: fahren und die Batterie nutzen, wenn es passt.

Das bidirektionale Laden sei dabei "nicht per se schädlich für die Autobatterie", sagt Robert Kohrs, Experte für intelligente Energienetze am Fraunhofer Institut ISE, der DW. "Wenn man es richtig macht, dann kann sich durch kontrolliertes Be-und Entladen die Batterielebensdauer um 5 bis 10 Prozent erhöhen."

Wie können E-Autos das Stromnetz stabilisieren?

Autos werden oft nur wenig gefahren, in Deutschland im Schnitt weniger als eine Stunde pro Tag. Während der Zeit, in der E-Autos geparkt sind, könnten Netzbetreiber die Batterien nutzen, um Strom zwischen zu speichern und damit Schwankungen im Stromnetz ausgleichen.

Das Interesse daran ist sehr groß. Denn weltweit fließt immer mehr Solar- und Windstrom ins Stromnetz. In Dänemark liegt dieser Anteil schon bei 70 Prozent, in Deutschland bei knapp 50 Prozent. Doch der erneuerbare Strom wird meist nicht genau dann am meisten gebraucht, wenn er eingespeist wird. 

E-Autobatterien können helfen, den temporären Stromüberschuss aus Wind- und Solaranlagen zwischenzuspeichern. Wenn sich die Nachfrage erhöht, kann der Strom wieder zurück ins Netz geleitet werden. Dadurch werden Gas- oder Kohlekraftwerke für Engzeiten mit hohem Verbrauch entlastet. Und es sind weniger Batteriespeicher zur Stabilisierung der Stromnetze erforderlich. 

Das Einsparpotential für die Mitnutzung von Autobatterien liegt in der EU bei bis zu 22 Milliarden Euro jährlich. Das errechnete eine aktuelle Studie für die nächsten zehn Jahre, die im Auftrag der europäischen Umweltorganisation Transport & Environment erstellt wurde.

E-Fahrzeuge könnten demnach bis zu neun Prozent des EU-Strombedarfs decken, temporär sogar bis 20 Prozent  und damit eine wichtige Stütze im Stromsystem werden.

Laut einer im Wissenschaftsmagazin Science veröffentlichte Studie, wird die günstige und klimaneutrale Energieversorgung der Zukunft vor allem auf Solar- und Windkraft beruhen. Dafür werden bis 2050 jedoch weltweit Batteriespeicher mit einer Kapazität von 74 Milliarden kWh gebraucht.

Heute gibt es rund 1,5 Milliarden PKW und LKW weltweit, die meisten mit Benzin oder Diesel-Antrieb. Bis 2050 könnten es 1,5 Milliarden elektrische Fahrzeuge weltweit sein. Mit Batterien von durchschnittlich 60 kWh pro Fahrzeug könnte diese globale Flotte insgesamt bis zu 90 Milliarden kWh Strom speichern.

Autobatterie für Haus und Netz: Welche Vorteile haben Autofahrer?

Bei der Mitnutzung fürs eigene Haus oder das Stromnetz könnten E-Autobesitzer laut der Fraunhofer-Studie zwischen 31 und 780 Euro pro Jahr sparen.

In Frankreich gibt es seit Oktober schon ein erstes Angebot für private Besitzer des elektrischen Renault R5. Bei Anschluss des Autos an eine bidirektionalen Ladestation für durchschnittlich 15 Stunden am Tag bekommen sie im Gegenzug den Fahrtstrom für 10.000 Kilometer umsonst. 

Das Angebot kommt in Frankreich "gut an, wir erfahren großen Zuspruch", sagt Thomas Raffeiner von Mobility House der DW. Das Unternehmen vermarktet die Flexibilität von Autobatterien an den Energiemärkten und verdient damit Geld.

In Europa wird es laut Raffeiner in den nächsten zwei Jahren zunächst in Großbritannien und dann auch in Deutschland ähnliche Angebote geben. Laut einer Umfrage im Auftrag von Energieversorger Eon würden 77 Prozent der Befragten diese Technik zur eigenen Gebäudeversorgung nutzen und 65 Prozent zur Unterstützung der Stromnetze.

König Willem-Alexander eröffnet am 21. März 2019 ein bidirektionales System in Utrecht. Er steht an einer Ladesäule für Elektroautos mit zwei anderen Männern und dahinter sind Elektroautos mit Kabel verbunden.
Technik mit Zukunft: Hier wirbt der niederländische König Willem-Alexander (Mitte) bereits 2019 medienwirksam für die bidirektionalen LadetechnikBild: We Drive Solar

Wird sich die bidirektionale Nutzung etablieren?

Die Einspeisung von Strom aus der Autobatterie in Gebäude und Stromnetze wurde bisher in mehr als 150 Projekten weltweit  erprobt. In den nächsten Jahren kommen immer mehr E-Fahrzeuge  mit dieser Zusatzfunktion auf dem Markt

Private und öffentlich Ladestationen sollten möglichst bidirektional funktionieren, das empfehlen Experten. Das würde zwar die Anfangskosten pro Station laut Studie bei kleinen Ladestationen (bis 22 KW) um rund 100 Euro erhöhen, bei einer Schnellladestation um etwa 250 Euro. Diese Mehrkosten würden sich jedoch durch die "wirtschaftlichen Vorteile innerhalb von ein paar Monaten der Nutzung amortisieren”.

Damit sich die Technik weltweit durchsetzen kann, ist ein einheitlicher Kommunikationsstandard erforderlich. Das ermöglicht den Datenaustausch zwischen Fahrzeugen, Ladestation, Netzbetreibern und Abrechnungsstellen.

Energie und IT-Unternehmen, Behörden, die Automobilindustrie und Politikdrängen auf die Entwicklung von einheitlichen Normen. Bidirektionales Laden werde sich in den nächsten Jahren als wichtiger Bestandteil der klimaneutralen Energieversorgung in Deutschland und anderen Länden etablieren, davon geht die Nationale Leitstelle für Ladeinfrastruktur aus. 

Rueter Gero Kommentarbild App
Gero Rueter Redakteur in der Umweltredaktion