Eine Legende am Ende
15. Juli 2015Kinderträume zerplatzen wie Seifenblasen vor den Pforten des legendären FAO Schwarz Stores in New York. Denn diese öffnen heute (Mittwoch 15.07.15) zum letzten Mal. Der bekannteste Spielzeug-Laden der Welt muss schließen. Vor allem den kleinen Besuchern fällt der Abschied von ihrem Lieblings-Spielzeugladen schwer: "Es ist sooo traurig! Der Laden ist so toll!" klagt eine Gruppe Kinder vor dem Laden. "Mit den ganzen Süßigkeiten, die es hier in riesengroßer Ausführung gibt. Und auch die überdimensionalen Stofftiere! Wir sind alle sehr traurig."
Bereits im Film-Klassiker BIG tanzte Tom Hanks Ende der 80iger auf dem Riesen-Klavier. Und auch wenige Jahre später blieben im Film "Kevin allein in New York" dank FAO Schwarz keine Kinderwünsche offen. "Hier entstehen so viele gute Erinnerungen", erklärt ein Mädchen aus Arizona. "Wenn man älter wird und zurück schaut, kann man sich an die ganzen guten Erlebnisse erinnern, die man hier hatte". FAO-Fan Dawn reagierte spontan: "Als ich von der Geschäftsaufgabe erfahren habe, bin ich sofort ins Auto gesprungen und 300 Kilometer hier her gefahren. Ich bin sehr erschüttert."
Geschäft mit Spielzeugen nur saisonal
Auf knapp 6000 Quadratmetern an der Fifth Avenue, mitten im Herzen Manhattans, konnte man über ein Jahrhundert lang von der kleinen Barbie bis zum riesigen 5000-Euro-Stoff-Nilpferd alles erwerben, was das Kinderherz begehrt - und vor allem auch ausprobieren. Auch bei Touristen war der Laden ähnlich beliebt - er stand wie die Freiheitsstatue oder das Empire State Building auf der Sightseeing-Liste.
"Es ist hart, einen Spielzeugladen zu führen, er bringt nur saisonal Gewinn", erklärt Jim Silver. Er ist Autor für ein Online Fachmagazin rund ums Thema Spielzeug. "Und in New York sind die Ladenmieten durchgängig unvorstellbar hoch." Der Durchschnitts-Preis für verkaufte Wohnungen sprengte gerade wieder einen Rekordwert und erreichte 1.87 Millionen Dollar. Allein in den letzten drei Jahren ist der Median der Mietpreise in Manhattan um knapp zehn Prozent gestiegen. Schätzungen zufolge zahlte der Teddybär Gigant in der beliebten Lage direkt am Central Park rund 15 Millionen Dollar Jahresmiete. Obwohl der Preis in der Gegend rund zehn Mal so hoch sein müsste.
Gründer war deutscher Auswanderer
Zusätzlich werden lokale Geschäfte immer mehr von Internet-Shops bedroht. In Zeiten von Marktführern wie der Handelsplattform Amazon und Co. werden Produkte vermehrt im Internet gekauft. Dennoch glaubt Experte Silver nicht, dass der Zuwachs von Online-Händlern das Hauptproblem von FAO Schwarz war: "FAO bietet eher ein hochwertiges und einmaliges Einkaufs-Erlebnis. Das gibt es nicht Online." Er glaubt nicht, dass das digitale Zeitalter so viel Einfluss auf FAO hat, wie auf andere Einzelhändler.
Der deutsche Auswanderer Friederich August Otto Schwarz hatte einen ersten Spielzeug-Laden 1863 in Baltimore gegründet und zog damit später nach New York. In den folgenden Jahrzehnten wurden US-weit immer mehr Läden eröffnet, und die Besitzer des Imperiums wechselten mehrfach. Der Flagship-Store an der 5th Avenue existiert seit 1870.
Neu Eröffnung am Times Square?
Vor rund sechs Jahren kaufte der US-Spielzeugriese “Toys R Us“, die Marke und die verbleibenden Läden. Doch auch “Toys R US“ kämpft mit sinkenden Umsatzzahlen und Schulden. "Die andere Sorge sollte Hamleys sein, die kommen in die USA. Das ist ein Spielzeugladen aus Großbritannien. Sehr erfolgreich", gibt Jim Silver zu bedebken. Hamleys würde den gleichen Stil fahren: "Viel mit Anfassen und selber ausprobieren der Spielzeuge im Laden. Wenn es FAO weiterhin geben soll, müssen sie sich dagegen behaupten."
Ob und wo es eine Zukunft für FAO Schwarz geben wird, ist noch ungewiss. Es gibt Spekulationen über eine Wiedereröffnung zum Weihnachtsgeschäft im kommenden Jahr in der Nähe des Times Square. Genau dort schliesst "Toys R Us" jedoch ebenfalls grade eine Hauptfiliale. Die wichtigste Frage von FAO Schwarz-Liebhaber Dawn bleibt somit erstmal unbeantwortet. "Wer wird künftig das große Klavier bespielen?!"