Eine Uni für die Welt
2. Januar 2011Einen besser geschützten Campus gibt es in ganz Deutschland nicht. Wer die UN-Universität Bonn besuchen möchte, muss seinen Personalausweis zeigen. Dann geht es an zahlreichen Überwachungskameras vorbei bis zu Metallsensoren, die jeden Besucher abtasten. Ein Aufzug führt hinauf in die oberen Stockwerke des früheren Bonner Abgeordnetenhauses, kurz "Langer Eugen" genannt. Hoch über der Stadt, mit Blick auf den Rhein, sitzt seit sieben Jahren das deutsche Institut der "United Nations University" (UNU).
"Wir sind eine sehr spezielle Universität", erklärt Direktor Jakob Rhyner, dessen Chef kein normaler Uni-Kanzler ist, sondern kein geringerer als UN-Generalsekretär Ban Ki Moon. "Unser Campus ist der ganze Erdball." Es seien die großen Fragen der Menschheit, die an seinem Institut erforscht würden, betont Rhyner. Fragen der menschlichen Sicherheit, Umweltschutz, Klimawandel. "Für diese Probleme müssen wir globale Lösungen finden."
Eine Welt-Uni ohne Studenten
Fünf Stockwerke hat diese "Welt-Uni" im Langen Eugen. Hörsäle oder gar Studenten gibt es hier keine, nur rund 30 Dozenten und deren Büros, denn es wird ausschließlich geforscht. Bald aber sollen nicht nur Doktoranden, sondern auch Masterstudenten angenommen werden. An der UNU in Tokio, dem Hauptsitz der UN-Universität, gibt es seit diesem Jahr dafür schon einen ersten Studiengang.
Noha El Shoky, die an der UNU Bonn ihre Doktorarbeit schreibt, rechnet damit, dass viele Studierende Interesse an einem Master haben werden. "Man fühlt sich hier nicht als Student", betont sie. "Man ist Teil eines Teams, das an einem Projekt arbeitet und bekommt viel über die Industrie, den Klimawandel und Entwicklungshilfe mit."
Forschung mit der Dritten Welt
Die UN-Universität in Bonn beschäftigt sich vor allem mit den Themen Sicherheit und Umweltschutz. Die anderen zwölf Institute der UNU forschen zu ähnlich aktuellen globalen Problemen wie Nachhaltigkeit, Frieden oder Gesundheit. In Dresden entsteht jetzt das 14. Institut der UNU. Nach einem neuen Konzept soll hier gemeinsam mit einem Zwillingsinstitut in Mosambik zum Thema Wasser, Boden und Abfall geforscht werden.
"Die UN-Universitäten wollen die Dritte Welt mehr einbeziehen", erklärt Jakob Rhyner. "Wir versuchen nicht nur für sie zu arbeiten, sondern wir möchten gemeinsam mit ihnen dort forschen, wo wir die Probleme lösen müssen." Ein erster Workshop mit Wissenschaftlern aus Afrika und Deutschland fand bereits in Dresden statt, im kommenden Jahr soll es ein zweites Treffen in Mosambik geben. Voraussichtlich 2012 wird die neue UN-Universität in Dresden starten, hofft Peter Krebs vom Dresdner Institut für Siedlungs- und Industriewasserwirtschaft.
Lösungen für globale Probleme finden
Dass ausgerechnet Dresden als neuer Standort von der UNU gewählt wurde, wundert den Professor nicht. "Die Themen Wasser, Boden und Abfall werden zwar auch an anderen Hochschulen gut erforscht, aber wir versuchen eine integrierte Betrachtungsweise." Dies könne beim Thema Wasser bedeuten, dass für die Gewinnung von Trinkwasser nicht nur die Filtertechnik eines Wasserwerks ausgebaut werde, sondern dabei gleichzeitig landwirtschaftliche Bewässerungsmethoden und der Bodenschutz verbessert würden.
"Die UN-Universitäten betreiben keine Grundlagenforschung, sondern angewandte Forschung", betont Rhyner. Schließlich gehe es darum, für konkrete globale Probleme wie die Wasserknappheit möglichst bald konkrete Lösungen zu finden. Und das gehe nur gemeinsam mit Wissenschaftlern aus den Industrie- und Entwicklungsländern. "Insofern sind wir tatsächlich eine globale Universität."
Autorinnen: Sabine Damaschke / Nina Treude
Redaktion: Gaby Reucher