Endlich ein hochkarätiges Festspielhaus?
12. September 2012Ein wenig unscheinbar mag sie ja wirken, die Beethovenhalle der Stadt Bonn, benannt nach dem berühmtesten Sohn der Stadt, der hier 1770 zur Welt kam, doch als junger Mann das Weite und die Musikstadt Wien suchte.
Dort, wo Beethoven sich zum gefeierten Komponisten entwickelte, hat man sein Erbe künstlerisch immer auf höchstem Niveau gepflegt - und es schon früh touristisch vermarktet. Bonn dagegen tat sich lange Zeit schwer damit, sind doch die Voraussetzungen dafür in der beschaulichen Stadt am Rhein weit ungünstiger als in der pulsierenden Weltstadt der Musik.
Gerettet vom Denkmalschutz
Doch 1959 leistete sich die damalige Bundeshauptstadt Bonn ein Konzerthaus der ersten Kategorie: die Beethovenhalle des Architekten Siegfried Wolske. Als Meisterwerk der Baukunst gefeiert, dient das Haus immer noch als Austragungsort hochkarätiger Konzerte. Oft genug pilgerte die Klassik-Gemeinde aus dem benachbarten und weit größeren Köln in die Bonner Beethovenhalle, um dort Aufführungen von Weltrang zu hören. Und der helle, sechseckige Bau am Rheinufer mit seiner elegant geschwungenen flachen Kuppel steht längst unter Denkmalschutz.
Die Akustik in der altgedienten Halle ist allerdings längst nicht mehr zeitgemäß, und so will man seit langem Hörgenuss und Vorzeige-Objekt unter einem Dach vereinen. Noch 2007 hatte die Stadt Bonn beschlossen, ein neues Festspielhaus in unmittelbarer Nähe zur bestehenden Beethovenhalle bauen zu lassen.
Finanziert von der Deutschen Post, der Telekom und der Postbank reichten 2009 mehrere renommierte Architekten im Rahmen eines aufwändigen Auswahlverfahrens ihre Entwürfe ein; doch nur wenige scherten sich um die Vorgabe: Die meisten sahen einen Abriss der denkmalgeschützten Beethovenhalle vor und setzten dagegen eigene Marksteine ans Rheinufer. 2012 sind nur noch zwei Entwürfe im Rennen, und als Standort für ein neues Festspielhaus ist die Rheinaue vorgesehen. Der Wolske-Bau bleibt erhalten, das Denkmalpflegeamt hält seine schützende Hand über den einstigen Renommierbau.
Kristalle, Wellen, Wülste
Die Siegerentwürfe hingegen zeigen ein Festspielhaus, das im 21. Jahrhundert angekommen ist. Da ist einmal die Vision der irakisch-britischen Stararchitektin Zaha Hadid. Sie sieht einen "Diamanten" vor, kapriziös perforiert und von innen leuchtend, mit einem Konzertsaal im Inneren, dessen hoch aufragende, wulstige Zwischenwände wenig Offenheit versprechen. Dafür umso steilere Außenansichten mit durchbrochenen Wänden und irritierenden Schrägen. Fulminant präsentiert in einer Video-Animation fand dieser Entwurf gleich viele Freunde. Noch dramatischer, fast reißerisch gebärdet sich der zweite Entwurf: "Die Wellen" des Luxemburger Teams Hermann & Valentiny and Partners.
Teure Wünsche
Doch was nutzen die schönsten Entwürfe, wenn die Finanzierung nicht gesichert ist? Für die Sanierung beziehungsweise den Umbau der jetzigen Beethovenhalle liegt mittlerweile ein geschätzter Kostenanschlag vor: Eine Grundsanierung wird mit 30 Millionen Euro angesetzt, der Umbau zu einem hochwertigen Konzertsaal mit rund 43 Millionen Euro. Ein neues Festspielhaus schlüge hingegen mit rund 80 Millionen Euro zu Buche. Doch Oberbürgermeister Jürgen Nimptsch ist sich sicher, dass die Kosten zu stemmen sind.
Der Bund spendiert 39 Millionen, weitere Stifter wie das Land NRW, der Rhein-Sieg-Kreis und die Sparkasse KölnBonn sind ebenfalls bereit, den Stadtsäckel aufzufüllen, rechnet er vor. Und die Deutsche Post DHL verspricht als Hauptsponsor 30 Millionen Euro für das ehrgeizige Projekt. "Wir begrüßen die neuen Vorschläge des Oberbürgermeisters zur Realisierung eines Beethoven-Festspielhauses im Weltklasseformat ausdrücklich und stehen weiterhin zu unserer Finanzierungsabsicht, sofern auch der nachhaltige Betrieb des Festspielhauses gesichert ist", sagte der Vorstandsvorsitzende Dr. Frank Appel. Auch der Beethoven Festspielhaus Förderverein will nicht zurückstehen und hofft, bei spendenfreudigen Beethovenfreunden in Bonn und Umgebung weitere 25 Millionen sammeln zu können.
Beethoventaler und Beethoven 5000
Schließlich sollen auch Touristen zum Wohle einer neuen Beethovenspielstätte zur Kasse gebeten werden. Die Bonner Hoteliers sind gewillt, von jedem Gast einen "Beethoventaler" zu erheben. Bei derzeit 1,2 Millionen Übernachtungen pro Jahr käme da einiges zusammen. "Auf diese Weise werden auch die Bürgerinnen und Bürger der Welt in die Ehrung Ludwig van Beethovens einbezogen, dessen Musik Freunde rund um den Globus hat", so Nimptsch.
Und dann gibt es da noch die ehrgeizige Initiative "5000 für Beethoven". Der IHK-Präsident Wolfgang Grießl will mit Freunden weltweit 5000 Beethoven- und Bonnfans animieren, jeweils 5000 Euro für den Bau zu stiften. Das könnten Kunstmäzene, Firmen oder Privatleute sein; jeder Beitrag ist willkommen, Ratenzahlung durchaus erwünscht. Sollte die Idee sich durchsetzen, kämen weitere 25 Millionen für das Festspielhaus zusammen.
Für die Erhaltung des jetzigen Wolske-Baus will sich eigentlich so niemand richtig stark machen. Man spricht nicht nur seitens des Hauptsponsors Deutsche Post AG lieber vom "Bilbao-Effekt": Gemeint ist die geballte Aufmerksamkeit, die plötzlich auf die Stadt im Baskenland fiel, seit das Guggenheim-Museum des Stararchitekten Frank O. Gehry zum Publikumsmagneten wurde. Davon träumt man auch in Bonn.