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Equal Pay: Eine Surferin schlägt Wellen

15. November 2021

Die Australierin Lucy Small kämpft für die Gleichbehandlung von Männern und Frauen im Sport. Die Profi-Surferin will per Gesetz verhindern lassen, dass andere Sportlerinnen erleben, was ihr selbst widerfahren ist.

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Australien Lucy Small, Surferin
Lucy Small belegte in der vergangenen Saison in der Rangliste der World Surf League Platz 33Bild: Wen Surf Photography

"Auch wenn ich eine Überraschungsaktivistin bin, es gefällt mir sehr gut und ich genieße es", sagt Lucy Small und lacht. Die australische Surferin hat im vergangenen Frühjahr in ihrer Heimat spontan eine Debatte über die Gleichbehandlung von Sportlerinnen und Sportlern ausgelöst, die noch immer andauert.

Small hatte bei einem Longboard-Wettbewerb in Sydney gewonnen und dafür einen Scheck über 1500 australische Dollar erhalten. Der Sieger der Männerkonkurrenz strich dagegen 4000 Dollar ein. Als Small bei der Siegerehrung das Mikrofon gereicht bekam, sprach sie von einem "bittersüßen Sieg" - weil ihr Surfen nur die Hälfte wert sei wie das der Männer. Darüber sollten die Sponsoren beim nächsten Mal nachdenken, so Small.

Das Video ihrer kurzen Rede ging viral. Die Unterstützung sei "überwältigend" gewesen, schildert die 28-Jährige der DW: "Die Leute sagten Dinge wie: 'Du bist großartig', 'So etwas wollte ich auch immer mal sagen' oder 'Mach weiter so'. Das zeigte mir, dass wir wirklich bereit sind, etwas zu ändern."

Petition für Gleichbehandlung der Geschlechter 

Ein Surfboard-Hersteller glich die Preisgeld-Differenz aus. Der Verband "Surfing Australia" schrieb die Verpflichtung, Frauen und Männer gleich zu bezahlen, im Regelwerk für seine Wettkämpfe fest. Doch Small wollte mehr.

Sie reichte im Parlament von New South Wales eine Petition ein. Darin wird gefordert, dass die Gleichbehandlung der Geschlechter im Sport per Gesetz des Bundesstaates festgeschrieben wird: Vereine und Veranstalter sollen nur noch dann Genehmigungen und finanzielle Hilfen erhalten, wenn sie Männern und Frauen gleiche Preisgelder zahlen und ihnen auf allen Ebenen die gleichen Zugangsmöglichkeiten gewähren.

In New South Wales mit der Hauptstadt Sydney liegen die begehrtesten Surfstrände Australiens. Nach Angaben der Regierung kommt fast die Hälfte der mehr als 500.000 Surferinnen und Surfer auf dem Kontinent aus diesem Bundesstaat. Wenn dort "Equal Pay", also die gleiche Bezahlung von Männern und Frauen, im Sport per Gesetz garantiert wäre, hätte dies Signalwirkung.

Prominente Unterstützung, "archaische" Kritik

Die Aussichten dafür stehen gut. Das Oberhaus stellte sich parteiübergreifend hinter Smalls Initiative. Auch die zuständige Sportministerin Natalie Ward habe ihre Zustimmung signalisiert, berichtet die Surferin. Prominente Unterstützung erhielt sie aus der Surfszene, unter anderem von der siebenmaligen Weltmeisterin Steph Gilmore und dem dreimaligen Weltmeister Mick Fanning. "Wir haben wirklich große Namen des Surfens hinter uns", sagt Small.

Australien Lucy Small, Surferin
Die australische Profisurferin Lucy Small kämpft für Geschlechtergerechtigkeit im SportBild: Dom Sullivan

Doch es gebe auch Kritiker. Immer wieder höre sie "die gleichen, alten Argumente", etwa dass Frauensport keine Zuschauer anziehe und deshalb für Medien und Sponsoren uninteressant sei. Diese Denkweise sei "einfach nur archaisch", sagt die Aktivistin verärgert. Der Kapitän der Socceroos, der (Fußball-) Nationalmannschaft der Männer, habe nur 30.000 Follower auf Instagram. "Die Kapitänin der Matildas, unseres Frauenteams, mehr als 700.000. Auf welche Medien beziehen wir uns also?"

Sexistischen Teufelskreis durchbrechen

Die Surferin spricht von einem "sexistischen Teufelskreis" des Sports: Die sexistische Haltung gegenüber den Fähigkeiten von Frauen als Sportlerinnen führten zu fehlender Medienpräsenz. Weniger Sponsoring und Wettkämpfe seien die Folge, was in ein geringeres Leistungsniveau münde. Das wiederum verstärke die sexistische Haltung. "Dieser Kreis dreht sich immer wieder. Aber man kann es auch andersherum sehen: Mehr Berichterstattung führt zu mehr Investitionen. Die Folge sind bessere Leistungen und allmählich auch eine andere Haltung gegenüber dem Frauensport. Im Grunde wollen wir den Kreislauf also umkehren."

Bei den Preisgeldern im Spitzensport sind die Mauern schon weitgehend eingerissen. So schüttet die World Surf League, der Weltverband der Profi-Surferinnen und -Surfer, bereits seit der Saison 2019 identische Prämien für Frauen und Männer aus. Nach einer Erhebung des britischen Senders BBC im vergangenen Frühjahr war Equal Pay bei den Preisgeldern inzwischen in 37 von 48 erhobenen Sportarten gewährleistet. Noch weit davon entfernt waren Basketball, Fußball und Golf.

Wenig Diversität

Lucy Small hat mit Vorkämpferinnen für Equal Pay in Kalifornien gesprochen. Dort hatten Surferinnen im September 2019 das erreicht, was die Australierin jetzt für New South Wales anstrebt: gleiche Preisgelder und gleicher Zugang für Frauen und Männer in allen Sportarten. Small würde gerne in andere Länder reisen und Aktivistinnen treffen, "um herauszufinden, welche Arbeit dort geleistet wird und wie wir Solidarität erreichen können".

Im Surfen gibt es nach Smalls Worten auch noch andere Baustellen. So seien die Immobilienpreise in den Küstenregionen Australiens explodiert, sodass sich nur noch sehr wohlhabende Weiße den Zugang zu manchen Stränden leisten könnten. "Das ist wie eine Klassenschranke", sagt Small. Auch international sei Surfen noch häufig ein Sport der betuchten weißen Bevölkerung. Zwar werde die Sportart auch in Asien und Afrika immer populärer, aber bisher habe es auf der World Tour weder eine asiatische noch eine schwarze, afrikanische Profisurferin gegeben. "Ich würde wirklich gerne mehr Diversität in den Startlisten sehen."

Im Herzen Aktivistin

Für ihr Heimatland hat Lucy Small diese Vision: "Die Australier lieben Sport, wir sind eine Sportnation. Ich würde mir wünschen, dass Sportlerinnen so als Heldinnen gefeiert werden, wie wir in Australien männliche Athleten feiern. Damit junge Mädchen sehen können, dass auch Frauen Superstars sein können und ihre Geschichten nicht begraben oder gelöscht werden." Sie wisse nicht, ob diese Vision noch zu ihren Lebzeiten Wirklichkeit werde, so Small, "aber ich glaube, dass es geschehen wird." Im Herzen sei sie eben eine Aktivistin. "Ich denke, das habe ich jetzt herausgefunden", sagt die Surferin und lacht.

DW Kommentarbild Stefan Nestler
Stefan Nestler Redakteur und Reporter