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Erdogan: "Die EU braucht die Türkei"

Bettina Marx4. Februar 2014

Im Jahr 2023 wird die Türkische Republik 100 Jahre alt. Bis zu diesem Jahr will sie ihr Ziel erreichen: die Aufnahme in die Europäische Union. Dafür wünscht sich Ministerpräsident Erdogan mehr deutsche Unterstützung.

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Erdogan in Berlin Foto: DPA
Bild: picture-alliance/dpa

Der türkische Ministerpräsident Reccep Tayyip Erdogan hat an die Bundesregierung appelliert, sein Land auf dem Weg in die EU zu unterstützen. In einer Rede vor der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik, DGAP, in Berlin sagte Erdogan, er wünsche sich von Deutschland mehr Unterstützung als bisher. Gleichzeitig versprach er, dass die Türkei ihrerseits den Reformprozess fortsetzen werde. "Nicht die Türkei braucht die EU. Die Europäische Union braucht auch die Türkei", unterstrich Erdogan. Sein Land fungiere als Brücke zum Nahen Osten und zu Nordafrika. Es habe enge Beziehungen zu den Turk-Republiken und zum Balkan. Die Aufnahme der Türkei in die EU könne daher einen wichtigen Beitrag zum Frieden in diesen Regionen leisten. "Es wird nicht möglich sein, eine Zukunft ohne die Türkei zu gestalten", so Erdogan.

Die Beitrittsverhandlungen mit der Türkei wurden im Jahr 2005 aufgenommen. In der letzten Zeit sind sie jedoch ins Stocken geraten. Noch nicht verhandelt sind die Kapitel 23 und 24, in denen es um die Justiz und die Grundrechte geht. Lange hatte sich vor allem Deutschland gegen eine Aufnahme der Türkei in die EU gesperrt. Bundeskanzlerin Angela Merkel und ihre CDU befürworteten stattdessen eine privilegierte Partnerschaft mit Ankara. In der Türkei führte diese Zurückweisung zu einer Abwendung von der EU. 74 Prozent der Türken glauben nicht mehr an eine EU-Mitgliedschaft ihres Landes. Und auch Erdogan selbst richtete sein Augenmerk verstärkt auf den Nahen Osten und die zentralasiatischen Republiken. Allerdings sind die lange Zeit guten Beziehungen Ankaras zum Beispiel zu Israel und Syrien inzwischen schwer erschüttert. Mit dem syrischen Machthaber Baschar al-Assad hat Erdogan gebrochen. 700.000 Flüchtlinge aus Syrien haben in der Türkei bislang Aufnahme gefunden. Für ihre Versorgung habe er nur wenig internationale Unterstützung erhalten, kritisierte Erdogan.

Demonstranten vor dem Hotel des türkischen Ministerpräsdienten Erdogan in Berlin Foto: DPA
Die Proteste verfolgen Erdogan bis nach BerlinBild: picture-alliance/dpa

Sabotage und Provokation

Der islamisch-konservative Regierungschef, der seit 2003 im Amt ist, nahm in seinem Vortrag auch Stellung zu den innenpolitischen Spannungen in der Türkei. Die Demonstrationen und Korruptionsvorwürfe gegen seine Regierung wertete er als "Sabotage und Provokation". Organisierte Strukturen, die sich in Polizei und Justiz eingenistet hätten, zielten darauf ab, die Türkei zu destabilisieren. "Wir haben diesen Angriff abgewendet", betonte er.

In Berlin und Brüssel hat das harte Vorgehen der türkischen Regierung gegen die Demonstranten in Istanbul und Ankara Besorgnis ausgelöst. Darüber hinaus kritisiert man in der EU Erdogans Maßnahmen gegen Polizei und Justiz. Tausende Beamte wurden von ihm zwangsweise versetzt oder ihres Amtes enthoben, nachdem sie begonnen hatten, in Korruptionsfällen zu ermitteln. Auch Erdogans Sohn Bilal wird verdächtigt, sich unrechtmäßig bereichert zu haben.

Wahlkampf in Berlin

Der türkische Ministerpräsident setzt darauf, dass mit dem Kommunalwahlen Ende März ein neues Kapitel in der türkischen Politik aufgeschlagen wird. "Die Wahlen werden ein Wendepunkt sein", sagte er in Berlin. Danach werde ein neues Zeitalter anbrechen und die Türkei ihren wirtschaftlichen Erfolgskurs fortsetzen.

Im Sommer wird sich auch Erdogan selbst wieder zur Wahl stellen. Im August möchte er sich zum Staatspräsidenten wählen lassen. Zum ersten Mal soll das Staatsoberhaupt direkt vom Volk gewählt werden.

In Berlin wird Erdogan am Abend daher auch zu seinen Landsleuten sprechen. Dieser Auftritt wird als Wahlkampfeinsatz gewertet. Denn in Deutschland leben 1,5 Millionen Türken, die in ihrer alten Heimat noch wahlberechtigt sind.