Erdogan setzt EU unter Druck wegen Zypern
19. Juli 2011"Sechs Monate lang wird es keine Beziehungen zwischen der Türkei und der EU geben", sagte Ministerpräsident Tayyip Erdogan der liberalen türkischen Zeitung "Milliyet" vom Dienstag (19.07.2011). Die Republik Zypern übernimmt in der zweiten Hälfte 2012 die EU-Ratspräsidentschaft. Mit den Vertretern der griechischen Inselrepublik werde die Türkei während der Ratspräsidentschaft "auf keinen Fall reden", sagte der türkische Ministerpräsident. "Wir können nicht kein Land treffen, das wir nicht anerkennen", zitierte die türkische Nachrichtenagentur Anadolu den Regierungschef.
Geteilte Insel
Zypern ist seit 1974 in den griechisch-zyprischen Süden - die Republik Zypern - und den türkisch-zyprischen Norden - die Türkische Republik Nordzypern - geteilt. Damals marschierten türkische Truppen nach einem Putschversuch von Anhängern einer Union mit Griechenland ein. Türkische Truppen sind bis heute in Nordzypern stationiert, das international nicht als Staat anerkannt wird. Die Republik Zypern im Süden ist seit 2004 in der Europäischen Union. Brüssel betrachtet die gesamte Insel als EU-Mitglied. Das EU-Regelwerk gilt aber nicht im Nordteil der Insel, solange es keine Lösung im Konflikt gibt.
Erdogan mauert
Die UN versuchte 2004 zur Lösung des Konflikts beizutragen. Der Versuch scheiterte jedoch, nachdem die Mehrheit der griechischen Zyprioten die Vereinigung der beiden Inselsteile zu einem Bundesstaat aus zwei Zonen in der Volksabstimmung abgelehnt hatte. Seitdem sind keine weiteren Schritte seitens der UN erfolgt.
Erdogan machte deutlich, dass die Türkei heute weniger denn je für Kompromisse bereit ist. So sagte er, in dem UN-Plan von 2004 sei die Rückgabe der derzeit zum türkischen Inselteil zählenden Stadt Güzelyurt an die Griechen vorgesehen gewesen. Heute komme dies für ihn nicht mehr in Frage. Auch sei die Türkei 2004 im Rahmen des UN-Plans zu einem Truppenrückzug aus Zypern bereit gewesen. Das sei heute ebenfalls ausgeschlossen.
Bremse für EU-Beitritt
Die Zypern-Teilung belastet die EU-Bewerbung Ankaras. Die Zukunft der Beitrittsgespräche zwischen der Türkei und der EU hängt unter anderem von der Lösung des Problems ab. Bundeskanzlerin Angela Merkel hat die Türkei mehrmals zur Normalisierung der bilateralen Beziehungen mit der Republik Zypern aufgefordert. Sie sagte bei ihrem ersten Besuch auf Zypern im Januar 2011, sie werde die Türkei in Gesprächen immer wieder darauf hinweisen, dass der Prozess Fortschritte machen müsse.
Autorin: Olga Kapustina (afp, dpa)
Redaktion: Reinhard Kleber