Erholung und Chaos: Reisen im Sommer 2022
Chaos an Flughäfen, überfüllte Züge, Dürre und Waldbrände in Urlaubsgebieten - der Reise-Sommer 2022 war heftig. Corona ist zwar noch da, war aber kein großes Thema. Bilder einer extremen Saison.
Bahn-Wahnsinn
Um die Bürger zu entlasten und das Bahnfahren attraktiver zu machen, initiierte die Bundesregierung das 9-Euro-Ticket. In den Monaten Juni, Juli und August konnte jeder für nur neun Euro im Monat bundesweit die Busse und Bahnen im Regionalverkehr nutzen. Über 52 Millionen Tickets wurden verkauft - überfüllte Züge und Verspätungen waren die Folge. Aber auch das Versprechen: Das Ticket kommt wieder!
Flug-Chaos
Wer ins Ausland fliegen wollte, musste in diesem Sommer stressresistent sein. Da die meisten Airlines und Flughäfen in der Corona-Zeit massiv Personal abgebaut haben, brach das Chaos aus, als der Ansturm losging. Reisende mussten - wie hier am Flughafen Düsseldorf - viele Stunden am Check-In und an den Sicherheitskontrollen warten.
Endlich mal Ruhe und Entspannung. Naja.
Im Ausland angekommen, ging es dann oft ähnlich weiter wie am Flughafen. Die Menschen strömten in die lang vermissten Urlaubsregionen, die auf den Ansturm nicht eingestellt waren. Manche Orte hatten sich während der Pandemie Nachhaltigkeit auf die Fahnen geschrieben. Und auf einmal war alles wie vorher, wie hier auf Mallorca in Cala Pi, das in manchem Reiseblog noch als Geheimtipp gilt.
Vorne Strand, hinten Brand
Hinzu kommt, dass es in diesem Sommer in großen Teilen Europas sehr heiß und trocken war und es an vielen Stellen zum Teil zu riesigen Waldbränden kam wie hier am südfranzösischen Badeort Pyla sur Mer. Der Himmel ist zwar schwarz vom Rauch, aber solange das Meer blau ist, gehen die Touristen weiter seelenruhig baden.
Mehr Boote als Wasser
Wenn man den See vor lauter Booten nicht sieht, ist es der geschrumpfte Stausee Lac de Sainte-Croix, ebenfalls in Südfrankreich. Viel Sonne, Hitze und kaum Niederschläge sorgten für Extremwetter. Die französische Premierministerin spricht von der schlimmsten Trockenheit, die in Frankreich jemals verzeichnet wurde. Aber Urlaub ist Urlaub. So nutzen die Kanufahrer und Standup-Paddler was da ist.
Hello again
Volle Straßen, Plätze und Gehwege, viel Lärm, viel Müll, hohe Mieten. Die Einwohner von Barcelona waren genervt vom Massentourismus. Mit Beginn der Corona-Pandemie konnte sich die Stadt erholen. Es kam nur noch ein Bruchteil der Touristen. In diesem Sommer aber waren die Touristenmassen wieder da - und mit ihnen auch die Probleme. Darum hat die Stadt einige neue Regeln für Touristen aufgestellt.
Regeln für Touristen
Ende Juli 2022 hat Barcelona Touristengruppen auf maximal 30 Personen begrenzt, in der Altstadt sogar auf maximal 15 Personen. Zudem dürfen Gruppen von über 15 Personen auf bestimmten Märkten nicht mehr einkaufen. Auch dürfen die Touristengruppen nicht mehr überall einfach so stehen bleiben, sondern nur noch auf bestimmten Plätzen. Und die Fremdenführer dürfen keine Megafone mehr benutzen.
Nicht zu viel und nicht zu wenig
Auch die Einwohner von Venedig haben stark unter den Touristenmassen gelitten - bis die Pandemie kam. Da Venedig von überdurchschnittlich vielen Touristen aus Übersee besucht wird, die während der Pandemie kaum reisen konnten, war die Stadt auch überdurchschnittlich stark vom Touristenrückgang betroffen - mit Umsatzeinbußen von 80 Prozent. Viele Betriebe mussten schließen.
Erst zahlen, dann kommen
In Venedig wohnen rund 50.000 Menschen, vor der Pandemie kamen bis zu 33 Millionen Touristen pro Jahr - macht pro Tag 90.000. Zu viel für die Stadt. Man beschloss, Eintritt für den Besuch zu nehmen. Mit Corona hat man das zurückgestellt. Jetzt aber sind die Touristen wieder da, allein Ostersamstag sollen es 160.000 gewesen sein. 2023 soll es losgehen mit dem Eintritt: drei bis zehn Euro.
Gibt es was umsonst? Nein, nur für viel Geld!
Aber auch ein Eintritt zum Betreten einer Stadt dürfte die Touristen nicht aufhalten. Denn aufgehalten haben sie auch nicht die überall steigenden Preise. Die Inflation hat stark angezogen. Lebensmittel werden immer teurer. Die Energiepreise steigen weiter. Benzin wird teurer, auch das Kerosin für Flugzeuge - und damit das Reisen insgesamt. Trotzdem stürmten die Urlaubshungrigen die Flugzeuge.
Rache an Corona
"Revenge Travel" heißt der während der Pandemie entstandene Fachbegriff dafür, dass so viele Menschen trotz Corona, Dürre, Flugchaos, Umweltbelastung und hoher Inflation quasi um jeden Preis ins Ausland reisen wollten. Im Sommer 2022 wurde alles nachgeholt, was vorher nicht ging, gewissermaßen um sich an dem Virus zu rächen. Hier "Rächer-Touristen" bei einem Besuch der Akropolis in Athen.
Ansturm auf Ausflugsziele in Deutschland
Solche Touristenmassen wie in Barcelona und Venedig gibt es zwar in deutschen Orten nicht, trotzdem lockte der mit 817 Sonnenstunden sonnigste Sommer, den Deutschland je gesehen hat. Dazu das mit neun Euro günstigste Monatsticket, das es in Deutschland je gab. Beides nutzten die Menschen aus - so wie hier an der beliebten Basteibrücke in der Sächsischen Schweiz. Ein extremer Sommer eben.