EU erleichtert über Karlsruher Urteil
30. Juni 2009Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts hat große Erleichterung in Brüssel ausgelöst. Auch wenn der Richterspruch auf Defizite bei der parlamentarischen Mitwirkung hinweist, betonten EU-Vertreter den Hauptteil des Urteils: nämlich dass der Lissabon-Vertrag prinzipiell mit dem deutschen Grundgesetz vereinbar ist. EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso zeigte sich "zuversichtlich, dass wir den Ratifizierungsprozess des Lissabon-Vertrages bis zum Herbst in allen Ländern werden abgeschlossen haben". Die Fraktion der Grünen im Europaparlament sprach von einem "guten Tag für die Demokratie, die Bürgerrechte und die Europäische Union". Der CDU-Europaabgeordnete Elmar Brok nannte den Richterspruch ein "gutes Urteil", das die Demokratie in der EU stärken werde.
Mehr Mitwirkung der nationalen Parlamente "nicht schlecht"
Was den weiteren Zeitplan betrifft, so drückte auch der schwedische Außenminister Carl Bildt seine Hoffnung aus, dass der Vertrag zum 1. Januar in Kraft treten kann. Schweden übernimmt am 1. Juli die EU-Ratspräsidentschaft von Tschechien. Bildt sagte in Stockholm, es sei "nicht unbedingt schlecht, wenn Staaten ihre Parlamente am europäischen Gesetzgebungsprozess beteiligen". In Schweden habe das Parlament hier bereits eine starke Rolle.
Aller Augen auf Irland
Wenn der Ratifizierungsprozess in Deutschland abgeschlossen ist, würden immer noch drei Länder fehlen. Die größte Hürde ist Irland. Die Iren hatten den Vertrag bereits einmal in einem Referendum im vergangenen Jahr abgelehnt. Voraussichtlich Anfang Oktober werden sie ein zweites Mal abstimmen können. Diesmal scheinen die Chancen für eine Zustimmung besser. Nicht zuletzt die Wirtschaftskrise, die Irland stärker getroffen hat als andere EU-Länder, hat offenbar zu einem Umdenken geführt.
Zwei abwartende Präsidenten
Dann stehen noch die Unterschriften der Präsidenten Polens, Lech Kaczynski, und Tschechiens, Vaclav Klaus, aus. Beide lehnen den Vertrag zwar persönlich ab und wollen erst das irische Ergebnis abwarten. Sollten die Iren zustimmen, haben aber auch sie zugesagt, sich dem Willen ihrer Parlamente zu beugen und den Lissabon-Vertrag zu unterschreiben. Sollte das alles bis Ende des Jahres passiert sein, könnte der Vertrag in der gesamten EU zum 1. Januar 2010 in Kraft treten.
Autor: Christoph Hasselbach
Redaktion: Martin Schrader