EU-Strategie 2020
3. März 2010
Im Jahr 2000 hatten sich die Staats- und Regierungschefs vorgenommen, dass die EU bis 2010 zur wettbewerbsfähigsten und dynamischsten Region der Welt aufsteigt. Davon ist Europa heute weiter entfernt als damals.
Doch die Wirtschaftskrise und ihre Folgen hat auch die Bereitschaft der Europäer zur Zusammenarbeit erhöht, so Kommissionspräsident José Manuel Barroso. "Die Debatte, wie man auf das griechische Haushaltsdefizit reagieren soll und wie man die Nachfrage in der EU ausgleicht, zeigt überdeutlich, dass sich die Unterschiede zwischen Mitgliedsstaaten direkt auf alle anderen auswirken", sagte Barroso. Die gegenseitige Abhängigkeit sei heute größer als je zuvor.
Keine Luftschlösser, sondern realistische Ziele verfolgen
Das Strategiepapier der Kommission macht Schluss mit Luftschlössern, beispielsweise die Nummer eins in der Welt zu sein. Stattdessen nennt Barroso konkrete, messbare Ziele vor allem bei Bildung, Forschung und Arbeit, die bis 2020 erreicht sein sollen. Dazu gehören: Ein Wachstum der durchschnittlichen Beschäftigung von 69 auf 75 Prozent der erwerbstätigen Bevölkerung, Hochschulabschlüsse für 40 statt wie bisher 30 Prozent der Schulabgänger bei einem Rückgang der Schulabbrecher-Quote auf unter zehn Prozent, ein Anstieg der Forschungsausgaben von Staat und Unternehmen auf drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts, eine Senkung der Zahl armer Menschen in Europa und schließlich die Produktion von mehr regenerativer Energie bei einer gleichzeitigen Verringerung des Energieverbrauchs.
Im Moment sind es sage und schreibe 80 von 500 Millionen Europäern, die von Armut bedroht sind. Mit diesem Punkt versuchte Barroso wohl auch, linken Kritikern den Wind aus den Segeln zu nehmen. Martin Schulz, der Vorsitzende der Sozialistischen Fraktion im Europaparlament, hatte Barroso vorgeworfen, er nehme die sozialen Probleme in Europa nicht ernst genug.
Regionale Unterschiede müssen beachtet werden
Bei den Zielen der Strategie 2020 setzt Barroso ganz auf Freiwilligkeit. Sanktionen kommen nicht vor. Die Kommission kann aber Nachzügler anprangern. Und wegen großer Unterschiede in den einzelnen Mitgliedsstaaten sollen die Ziele auch jeweils national übersetzt werden. Wenn es ein Zauberwort in diesem Papier gibt, dann wohl das Wort Koordination. "Es gibt etwas, das wir mehr tun müssen und das es vorher nicht gab. Das ist Koordination - gemeinsames Regieren mit Kohärenz und einem langen Atem", so Barroso.
Barroso nahm aber auch zur Sorge von Bundeskanzlerin Angela Merkel Stellung, politische Koordination könne den Stabilitätspakt aushebeln. Der Pakt und seine Instrumente gälten uneingeschränkt, versicherte Barroso. Inwieweit das Merkel und andere Kritiker beruhigt, dürfte sich beim nächsten Gipfel Ende des Monats zeigen. Dann wollen die Staats- und Regierungschefs über das Strategiepapier beraten. Das Konzept löst die gescheiterte Lissabon-Strategie der Europäischen Union ab, die sich damals zum Ziel gesetzt hatte, die EU bis 2010 zum wirtschaftsstärksten Raum der Welt zu machen.
Autor: Christoph Hasselbach
Redaktion: Monika Lohmüller/Andreas Becker