Gedenken an Opfer des Massakers von My Lai
16. März 2018Die Erinnerung an das Massaker sei eine Möglichkeit, "vor Krieg zu warnen und Frieden zu bewahren", sagte Pham Thanh Cong, der den Angriff als Elfjähriger überlebt hatte, der Nachrichtenagentur AFP.
Cong leitete bis zu seiner Pensionierung im vergangenen Jahr die Gedenkstätte in dem heute Son My genannten Dorf in der Provinz Quang Ngai, wo die Trauerfeier stattfand. Er sei der "Wahrung der Erinnerungen an das Massaker" verpflichtet, sagte Cong, dessen Familie vor seinen Augen getötet wurde.
Am 16. März 1968 landeten US-Soldaten mit Hubschraubern in den Reisfeldern nahe dem Dorf, das sie für eine Hochburg des Vietcong hielten. Sie warfen Handgranaten und eröffneten das Feuer. Dutzende Dorfbewohner wurden in Bewässerungsgräben zusammengetrieben und erschossen, weitere in der Ortsmitte exekutiert. Die Öffentlichkeit in den USA erfuhr erst später durch die Recherchen des Journalisten Seymour Hersh von den Gräueltaten.
Brisante Fotos sollten verschwinden
Vor allem die Bilder des ehemaligen US-Armeefotografen Ronald Haeberle waren dafür verantwortlich, dass das volle Ausmaß des Blutbads bekannt wurde. Haeberle war am Tag des Massakers in My Lai und fotografierte die aufgehäuften Leichen, darunter getötete Kleinkinder. Haeberle war abkommandiert worden, Fotos der Opfer zu machen, um sie für das US-Militär zu dokumentieren. Seine Kamera wurde nach dem Einsatz allerdings konfisziert - man wollte keine Beweise für die Taten. Was seine Vorgesetzten nicht wussten, Haeberle hatte eine zweite Kamera dabei. Mit dieser machte er Bilder, die später in der Zeitschrift "Life" veröffentlicht wurden.
Haeberle erzählt auch offen, wie die Soldaten getäuscht wurden. Angeblich sollten sich in My Lai Angehörige des Vietcong, also südvietnamesische Rebellen, befinden - eine Lüge. "Da waren keine Kämpfer, das waren alles Zivilisten", sagte Haeberle am Rande der Trauerzeremonie in Son My. "Es war ein totales Gemetzel", erinnerte sich der Fotograf.
Mit einem der Überlebenden, Tran Van Duc, ist Haeberle heute befreundet. Haeberle fotografierte die Erschießung der Mutter des Vietnamesen. Später nahm er Verbindung zu dem mittlerweile in Remscheid lebenden Tran Van Duc auf. Gemeinsam besuchten sie auch die Gedenkveranstaltung.
Druck auf amerikanische Gesellschaft
Die Fotos trugen ihren Teil dazu bei, dass die amerikanische Gesellschaft sich immer mehr gegen den Krieg in Vietnam formierte. Das Massaker von My Lai gilt als Wendepunkt in der öffentlichen Wahrnehmung des Vietnamkrieges und als Antrieb für die Anti-Kriegs-Bewegung in den USA. Dennoch wurde nur ein Offizier für die Taten verurteilt. Leutnant William Calley verbrachte drei Jahre unter Hausarrest, bevor er freigelassen wurde.
Bei der Zeremonie am Freitag legten im Anschluss an eine Schweigeminute Überlebende Blumen am Denkmal der Gedenkstätte ab - eine Frau mit hochgereckter Faust und einem leblosen Kind auf dem Arm.
Drei Millionen vietnamesische Opfer
Unter den hunderten Trauergästen waren neben Regierungsvertretern aus der Provinz, Überlebenden und Angehörigen auch US-Veteranen. Hochrangige Politiker waren allerdings nicht anwesend. "Es tut noch immer weh daran zu denken, dass wir das getan haben", sagte einer von ihnen der AFP. Im Vietnamkrieg wurden Schätzungen zufolge drei Millionen Vietnamesen getötet.
cgn/jj (afp, dpa, wdr5.de)