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Politik

Gezerre beim AfD-"Flügel" um Auflösung

21. März 2020

Hat der als rechtsextrem eingestufte "Flügel" in der AfD nun die Selbstauflösung beschlossen? Dazu machte die Gruppe selbst widersprüchliche Angaben. Zuvor hatte der Parteivorstand den Schritt gefordert.

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Björn Höcke
Der "Flügel"-Gründer und AfD-Politiker Björn HöckeBild: picture-alliance/dpa/B. Schackow

Im AfD-"Flügel" gibt es offenbar Uneinigkeit, ob und wie er weiter fortbestehen sollte. Der Bundesvorstand der Partei hatte am Freitag die Auflösung der informellen Parteigruppe gefordert. Der Verfassungsschutz, also der deutsche Inlandsgeheimdienst, stuft den "Flügel" als rechtsextrem ein - der AfD-Vorstand wollte mit dem Ultimatum offenbar verhindern, dass die gesamte Partei vom Verfassungsschutz beobachtet werden könnte.

Im Laufe des Samstags sah es dann auch so aus, als würde der "Flügel" der Aufforderung Folge leisten: Einige Medien erfuhren von Führungsfiguren der einige Tausend Mitglieder umfassenden Gruppierung, die Auflösung stehe bevor. Das ARD-Hauptstadtstudio meldete, eine solche Entscheidung sei am späten Freitag im Gespräch der "Flügel"-Anführer Björn Höcke und Andreas Kalbitz gefallen. Die Nachrichtenseite Tagesschau.de zitiert aus einem inzwischen gelösten Facebook-Post: "Schweren Herzens haben wir heute entschieden, dass sich die Wertegemeinschaft des Flügels gemäß dem Beschluss des Bundesvorstandes auflösen wird. Wir tun das in der Hoffnung, dass dies dem Wohl der gesamten Partei dienen wird."

Später war statt dieses Posts an derselben Stelle zu lesen: "Die kursierenden Medienmeldungen über einen angeblich heute gefassten "Beschluss zur Auflösung des Flügels" sind unzutreffend." Die Verfasser des neuerlichen Facebook-Posts baten um Geduld - man beschäftige sich mit der "Bewertung und möglichen fristgerechten Umsetzung des Bundesvorstandsbeschlusses". 

Höcke spricht von "Historisierung" des "Flügels"

Auch die Äußerungen Björn Höckes in einem Interview der neurechten Publikation "Sezession" gibt nicht mehr Klarheit. Höcke sagt darin, er sei als Parteimitglied peinlich berührt. "Denn diese Forderung kommt zum falschen Zeitpunkt und unterläuft einen Vorgang, den der 'Flügel' längst umsetzt: seine Historisierung. Alle, die ihn aufmerksam beobachten, haben das wahrgenommen."

Einen politischen Kurswechsel kündigte er nicht an. Die AfD habe sich in den knapp fünf Jahren seit der Gründung des "Flügels" gut entwickelt, deshalb brauche man nun "einen Impuls, der über den Flügel hinausweist und die Einheit der Partei betont" sagte Höcke im Gespräch mit dem rechtsgerichteten Verleger Götz Kubitschek.

Ultimative Forderung

Der Parteivorstand hatte am Freitag gefordert, dass sich der "Flügel" bis Ende April auflöst. Zuvor hatte der Verfassungsschutz den "Flügel" in der vergangenen Woche als rechtsextreme Bestrebung eingestuft. Die Vereinigung ist nicht als Verein organisiert, gilt aber als schlagkräftiges Netzwerk innerhalb der Partei.

Aus der Parteispitze hieß es nach der Veröffentlichung von Höckes Interview, "den Worten müssen nun auch Taten folgen - dieses Netzwerk muss seine Tätigkeit beenden". Ein ursprünglich für diesen Samstag geplantes Treffen von führenden Vertretern des "Flügels" war zuvor abgesagt worden. Grund dafür sollen zahlreiche Absagen im Zusammenhang mit der Verbreitung des Coronavirus gewesen sein. Parteichef Jörg Meuthen zeigte zwar Verständnis für die Absage des Treffens. Er betonte aber, dies ändere nichts an dem Beschluss des Vorstandes. Auch die darin genannte Frist stehe, sagte er auf Anfrage.

Zu den prominentesten "Flügel"-Vertretern gehört neben dem Thüringer AfD-Landesvorsitzende Höcke der Brandenburger Landeschef Andreas Kalbitz. Er ist Mitglied im Bundesvorstand. Kritiker des "Flügels" in der AfD befürchten, dass die gesamte Partei demnächst vom Verfassungsschutz als Verdachtsfall eingestuft werden könnte. Sie argumentieren, da der "Flügel" keine formale Mitgliedschaft kenne, sei eine Abgrenzung zur Gesamtpartei schwierig.

Überhaupt gilt als fraglich, ob eine Auflösung des rechtsextremen "Flügels" allzu große Auswirkungen hätte: Viele der Mitglieder sind längst in einflussreichen Positionen in der Partei.

kle/ehl (tagesschau.de, dpa, afp)