Griechenland will Zwangsumtausch
8. März 2012Der griechische Finanzminister Evangelos Venizelos ist mit der erreichten Quote beim Schuldenschnitt für Anleihen nach griechischem Recht nicht zufrieden. Er will nach Informationen griechischer Medien die übrigen Gläubiger zwingen, sich ebenfalls zu beteiligen. Die sogenannten "Collective Action Clauses" werden dazu aktiviert, die das griechische Parlament erst kürzlich beschlossen hatte. Damit würden 177 Milliarden Euro an alten Staatsanleihen nach griechischem Recht in neue Anleihen umgetauscht. Bei diesem Schuldenschnitt müssen die Gläubiger nominell auf über 70 Prozent ihres eingesetzten Kapitals verzichten.
Die übrigen Anleihen, die nach internationalem Recht ausgegeben wurden haben ein Volumen von 29 Milliarden Euro. Hier betrug die Beteiligungsquote nach Mitteilung des Finanzministeriums in Athen nur 69 Prozent. Deshalb wurde die Umtauschfrist für diese Anleihen, die auch von großen Hedgefonds gehalten werden, noch einmal bis zum 23. März 2012 verlängert. Die angestrebte Gesamtsumme für den Schuldenerlass von 107 Milliarden Euro ist also noch nicht erreicht.
Euro-Finanzminister beraten
Die Finanzminister der Eurozone wollen am Freitag Nachmittag in einer Telefonkonferenz eine erste Bilanz des geplanten Schuldenerlasses für Griechenland ziehen. Die Minister müssen entscheiden, ob sie 30 Milliarden Euro freigeben, die als Finanzierung für den Schuldenschnitt vorgesehen sind. Mit diesem Geld garantiert der Europäische Rettungsfonds EFSF für die neuen Staatsanleihen, die den privaten Gläubigern zum Umtausch angeboten werden. Diese 30 Milliarden Euro sind Teil des insgesamt 130 Milliarden Euro umfassenden zweiten Hilfspakets für Griechenland, um das in den vergangen Wochen heftig gerungen wurde.
In London tritt am Mittag der internationale Derivateverband (ISDA) zusammen. Er muss entscheiden, ob der Schuldenschnitt und der angekündigte Zwangsumtausch für einige Gläubigergruppen als "Kreditereignis" gewertet wird. In diesem Fall würden die Versicherungen gegen einen Kreditausfall fällig. Diese "Credit Default Swaps" (CDS) haben sich vor allem Banken gegenseitig verkauft, um sich gegen eine Pleite Griechenlands abzusichern. Wie hoch das Volumen dieser CDS weltweit ist und wer genau diese Versicherungen besitzt, ist unklar. Diese CDS wurden teilweise auch von Banken und Fonds gehandelt, die gar keine griechischen Staatsanleihen, also den eigentlichen Gegenstand der Versicherung, besitzen.
Griechische Banken müssen gestützt werden
Am Montag werden sich dann die Finanzminister der Euro-Gruppe wieder mit Griechenland beschäftigen. Damit die griechischen Banken den Schuldenerlass überhaupt überstehen können, brauchen sie frisches Eigenkapital. Dieses Eigenkapital für die Sanierung der Banken besorgt sich der griechische Staat als neuen Kredit beim europäischen Rettungsfonds EFSF. In einer Analyse der Ratingagentur Moody's heißt es, das griechische Bankensystem verliere mit dem Schuldenerlass praktisch sein komplettes Eigenkapital.
Den Kapitalbedarf des griechischen Bankensektors schätzt Moody's auf rund 40 Milliarden Euro. Dem Schuldenschnitt folgt also eine Bankenrettung auf dem Fuße. Schwer vorherzusagen ist, wie die Börsen und Finanzmärkte reagieren werden. Die Kurse für die neuen Staatsanleihen und Banken könnten kommenden Montag unter Druck geraten.
Autor: Bernd Riegert
Redaktion: Thomas Grimmer/Andrea Lueg