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Griechische Banken

Jannis Papadimitriou (Athen)11. September 2015

Trotz Kapitalkontrollen heben die Griechen weiterhin Geld von ihren Konten ab. Allein im Juli sanken die Bankeinlagen um 1,4 Milliarden Euro. Über die Gründe berichtet Jannis Papadimitriou aus Athen.

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Bank in Athen (Foto: Milos Bicanski/Getty Images)
Bild: Getty Images/M. Bicanski

Nach jüngsten Angaben der Athener Notenbank sind die Ersparnisse der Griechen Ende Juli auf den niedrigsten Stand seit 2003 gefallen und betragen nunmehr 120,8 Milliarden Euro. Direkt nach Schließung der Banken und nach Einführung von Kapitalverkehrskontrollen Ende Juni beliefen sich die Einlagen der Privathaushalte und Unternehmen immerhin noch auf 122,2 Milliarden. Daraus ergibt sich ein deutliches Minus von 1,4 Milliarden. Zum Vergleich: Im entsprechenden Monat des Vorjahres hatten die Griechen nur 276 Millionen von ihren Bankkonten abgehoben. Vermutlicher Grund für den "stillen" Bankansturm: Die Kreditinstitute hätten das Vertrauen der Bürger immer noch nicht wiedererlangt, sagt Panagiotis Petrakis, Wirtschaftsprofessor an der Universität Athen, im Gespräch mit der DW. Außerdem hätten viele Menschen Angst, dass sie ihre Ersparnisse an die Bankenrettung verlieren, zumal die für den Herbst angekündigte Rekapitalisierung der Banken weiterhin auf sich warten lässt.

Dabei gilt in Griechenland, wie in allen anderen EU-Staaten auch, die gesetzliche Einlagensicherung von maximal 100.000 Euro. Sie ist allerdings keine rein europäische, sondern eine nationale Sicherungsgarantie. "Ich persönlich kann mir derzeit nicht vorstellen, dass in Griechenland Einlagen über 100.000 Euro in Gefahr sind. Aber die Angst ist da und wird vermutlich nicht verschwinden, bevor die Rekapitalisierung der Banken über die Bühne ist" mahnt Professor Petrakis. Der Ökonom sieht zudem ein weiteres Problem für die Wiederherstellung des Vertrauens in die griechischen Geldinstitute: Viele Menschen in Hellas hätten sich krisenbedingt oder notgedrungen vom Bankensystem abgeschnitten und gingen oft von der irrigen und irrationalen Auffassung aus, sie könnten durchaus ohne Banken leben. "So manche agieren nach dem Motto: Ich habe sowieso kein Geld mehr bei der Bank, also geht mich die Sache auch nichts an. Oder sie leben vom Taschengeld und finanziellen Zuwendungen der Mutter und des Großvaters; die Banken sind kein Thema mehr oder die wirtschaftlichen Zusammenhänge sind für diese Menschen einfach nicht mehr greifbar" mahnt der Ökonom.

Symbolbild Hilfe für Griechenland (Foto: Foto: Oliver Berg/dpa )
Griechen haben kein Vertrauen in die Banken des LandesBild: picture-alliance/dpa/Berg

Ein griechisches Paradoxon?

Wer bei diesem Stand der Dinge ein Land am Abgrund vermutet, wird von folgender Wirtschaftsmeldung positiv überrascht: Der Privatkonsum in Griechenland scheint sich im ersten Halbjahr 2015 zu erholen. Ob sich der Trend auch bei den Ende Juni eingeführten und weiterhin geltenden Kapitalkontrollen aufrechterhalten lässt, bleibt abzuwarten. Für Professor Petrakis war der Anstieg des Privatkonsums jedenfalls keine Überraschung: "Zum einen ist dieser Trend vermutlich auf die Angst vieler Menschen zurückzuführen, das Ersparte endgültig zu verlieren; zum anderen ist ein derartiger Konsumanstieg ein durchaus üblicher Vorgang in vielen Krisenländern Europas und ließ sich etwa auch in Irland beobachten: Nach mehreren Rezessionsjahren gab es auf einmal einen "Rebound-Effekt", nämlich eine Korrektur nach oben. Das gilt vor allem für Hausreparaturen, die einem gewissen Zyklus folgen und momentan in Griechenland tatsächlich Hochkonjunktur haben" erläutert Petrakis. Dadurch ergäbe sich das eventuell trügerische Bild einer dynamischen Wirtschaft; doch dieses Bild ließe sich nicht lange aufrechterhalten, mahnt der Ökonom.

Die Prognose von Professor Petrakis: In diesem Halbjahr werde die griechische Wirtschaft krisenbedingt erneut in die Rezession rutschen und das Jahr 2015 mit einem Negativwachstum von minus zwei Prozent abschließen. Ähnliches prognostiziert die EU-Kommission. Auch für Finanzminister Jorgos Chouliarakis steht fest: Erst 2016 werde die griechische Wirtschaft wieder ein moderates Wachstum verzeichnen können.

Aufhebung der Kapitalkontrollen in Sicht

Unterdessen kursieren in Athen unterschiedliche Schätzungen darüber, wann und unter welchen Bedingungen die Kapitalverkehrskontrollen aufgehoben würden. Laut Wirtschaftsminister Nikos Christodoulakis sei dies bei stabilen politischen Verhältnissen bis Jahresende durchaus möglich. Louka Katseli, Präsidentin des griechischen Bankenverbandes, vertritt die Auffassung, eine Aufhebung der Kapitalkontrollen erfolge erst dann, wenn die Kreditinstitute in Griechenland ausreichend kapitalisiert sind und die Europäische Zentralbank (EZB) ihre Finanzierung wiederherstellt. "Schrittweise, aber zügig" würden die beschränkenden Maßnahmen aufgehoben, versicherte Finanzminister Jorgos Chouliarakis seinerseits in einem Interview. Nach Schätzungen der Athener Wochenzeitung To Vima wird die Normalisierung des Bankensystems jedoch auf Juni oder Juli 2016 verschoben.

EZB in Frankfurt (Foto: Boris Roessler/dpa)
EZB in Frankfurt ist noch zurückhaltendBild: picture-alliance/dpa/B. Roessler

Immerhin würden die Kapitalregeln laut Wirtschaftsminister Christodoulakis in nächster Zeit gelockert. Insbesondere Auslandsüberweisungen bis zu 5.000 Euro, sowie Online-Bestellungen würden erleichtert. Entscheidend sei, dass kleinere und mittlere Unternehmen in Hellas mit ausreichend Liquidität versorgt werden, damit sie nicht ihren Sitz ins Ausland verlegen, mahnte Christodoulakis bei einem Auftritt auf der internationalen Handelsmesse im nordgriechischen Thessaloniki. Medienberichten, dass bereits am Montag (14.9.) eine Lockerung der Kapitalverkehrsvorschriften bevorstehe, hatte die griechische Notenbank bis Freitagmittag (11.9.) nicht bestätigt.