Indien baut Flugzeugträger
14. August 201337.500 Tonnen Stahl sind in Kochi an der Südspitze Indiens vom Stapel gelaufen. Indien präsentierte am Montag (12.08.2013) mit der INS Vikrant seinen ersten weitgehend in Eigenregie konstruierten Flugzeugträger. Ins Deutsche übertragen bedeutet Vikrant "mutig". Zuvor waren nur die USA, Russland, England und Frankreich in der Lage, Flugzeugträger zu bauen. Entsprechend euphorisch äußerte sich der indische Verteidigungsminister A. K. Antony, wie die Nachrichtenagentur dpa berichtet: "Wir haben die Fähigkeiten und die Technologie, uns mit den besten in der Welt zu messen."
Indien setzt mit dem Bau des Flugzeugträgers die Aufrüstung der vergangenen Jahre fort. "Indien will seine militärische Reichweite und Schlagkraft weiter vergrößern", so der indische Generalmajor Afsir Karim im Gespräch mit der Deutschen Welle. Es gehe darum, wichtige Handelsrouten im indischen Ozean und damit die Interessen Indiens zu schützen. "Der Flugzeugträger stellt dafür die notwendigen offensiven Mittel zu Verfügung."
Asiatische Rivalen
Infolge des wirtschaftlichen Aufschwungs und aufgrund bestehender Rivalitäten rüsten die asiatischen Staaten auf. Erst im März dieses Jahres veröffentlichte das Stockholmer Institut für Friedens- und Konfliktforschung (SIPRI) eine Studie über die wachsenden Waffenimporte in der Region. Die ersten Plätze belegten Indien, China und Pakistan. Spannungen im Chinesischen Meer, wo China mit den Anrainerstaaten seit Jahren um Ressourcen und Hoheitsgebiete streitet, haben viele Länder insbesondere zur Aufrüstung ihrer Marine angestachelt.
Ende 2012 stellte die chinesische Marine ihren ersten Flugzeugträger, die "Liaoning" in Dienst, Anfang August 2013 präsentierte Japan seinen Helikopterträger "Izumo", von dem, wie Experten vermuten, auch Kampfjets starten können. Jetzt zieht Indien mit seinem selbstgebauten Flugzeugträger nach und übertrumpft sogar China, das seinen einzigen Flugzeugträger von der Ukraine gekauft hat. Experten sprechen von einem asiatischen Wettrüsten, das aus Sorge über Chinas Aufstieg ausgelöst wird.
C. Raja Mohan von der Observer Research Foundation in Neu Delhi beobachtet eine Transformation der Geopolitik Asiens: "Es gibt keinen Zweifel daran, dass China zur größten Militärmacht Asiens wird." Unklar sei, ob das zu einer neuen Epoche des Sinozentrismus führt oder ob der Aufstieg Chinas regionale Instabilität hervorrufen wird. "Alles hängt davon ab, wie der Rest der Region auf Chinas Aufstieg reagiert. Bisher weisen allen Zeichen darauf hin, dass nicht alle asiatischen Länder eine Sicherheitsordnung mit China als Zentrum akzeptieren werden."
"Indiens Ozean" statt "Indischer Ozean"
So vergrößert und modernisiert Indien seit 1990 seine Flotte systematisch. 2003 gab die indische Marine die Losung aus, "Kurs auf das blaue Wasser zu nehmen". Die indischen Seestreitkräfte sollen von einer defensiven Küstenverteidigung zu einer Hochsee-Marine umgebaut werden, so erläutert David Scott von der Londoner Brunel Universität das Motto.
Nach Medienberichten warten weitere sechs Milliarden Euro auf Freigabe durch die indische Regierung zum Bau von sieben Fregatten. Des Weiteren ist die Anschaffung von zwölf U-Booten geplant, die 2015 ihren Dienst aufnehmen soll. Scott spricht von einer langfristigen Strategie, die Indien einen Platz unter den Großmächten zur See sichern soll. "Indien will den Indischen Ozean zu 'Indiens Ozean' machen."
Rückschläge auf dem Weg zur Seemacht
Der Stapellauf des Flugzeugträgers ist der vorläufige Höhepunkt dieser seit 1990 verfolgten Strategie. Dass Indien noch viele Hürden bis zur globalen Seemacht überwinden muss, zeigte die Explosion in einem indischen U-Boot russischer Herkunft (14.08.2013). 18 Seeleute kamen ums Leben, die Explosion ereignete sich in Mumbai, dem Heimathafen des U-Boots. Die Ursache ist noch ungeklärt.
Auch beim Bau des Flugzeugträgers kam es wiederholt zu Verzögerungen und einem drastischen Anstieg der Kosten. Bisher dauerte die Konstruktion sechs Jahre und verschlang 1,5 Milliarden Euro. Das entspricht einem Drittel des Jahresbudgets der gesamten indischen Marine.
Entsprechend verhalten waren auch die Reaktionen aus China. Die staatliche Tageszeitung "Guangming" schrieb: "Indien hat noch einen langen Weg vor sich, um seinen Traum von der 'zweitgrößten Marine der Welt' zu erfüllen." Die nationalistische "Global Times" fügt dennoch hinzu, dass China nun endlich den Bau seines eigenen Flugzeugträgers beschleunigen müsse.