Islamwissenschaftler Tariq Ramadan in Gewahrsam
31. Januar 2018Der prominente Islamwissenschaftler Tariq Ramadan (Archivbild) ist in Frankreich in Haft. Das bestätigten Justizkreise der Deutschen Presse-Agentur in Paris. Ermittler hatten voriges Jahr eine Untersuchung eingeleitet. Ihnen liegen zwei Anzeigen von Frauen gegen den aus der Schweiz stammenden Ramadan vor.
Bei der Untersuchung geht es um die Vorwürfe von Vergewaltigungen und vorsätzlichen Gewalttätigkeiten, wie es aus den Justizkreisen hieß. Ramadan hatte im Gegenzug Anzeige wegen falscher Anschuldigung gestellt und von einer "Verleumdungskampagne" gesprochen, die von seinen "langjährigen Gegnern" orchestriert werde. In sozialen Medien haben die Vorwürfe gegen den Professor eine erregte Debatte von Anhängern und Kritikern ausgelöst.
In Oxford beurlaubt
Der Autor mehrerer Bücher lehrte Islamwissenschaft an der britischen Universität von Oxford. Im November 2017 hatte ihn die traditionsreiche Hochschule beurlaubt, nachdem mehrere Frauen ihm Vergewaltigung und Belästigung vorgeworfen hatten. Die Entscheidung sei einvernehmlich gefallen und sei keine Vorverurteilung, erklärte die britische Elitehochschule damals. Es solle ihm die Gelegenheit gegeben werden, "sich um die äußerst ernsthaften Anschuldigungen zu kümmern, die gegen ihn erhoben worden sind".
Der mediengewandte und streitbare Autor und Wissenschaftler zählte zu den bekanntesten Professoren in Oxford, wo er den Lehrstuhl für Zeitgenössische Islamstudien innehatte. Ramadan ist auch publizistisch tätig, regelmäßig trat er im Fernsehen auf. Seine konservative Auslegung des Islam hat dem charismatischen Gelehrten viele Bewunderer, aber auch scharfe Gegner eingehandelt.
Zahlreiche Vorwürfe
Zwei französische Frauen hatten Ramadan Vergewaltigung vorgeworfen. Zudem gaben mehrere schweizerische Frauen in dortigen Medien an, in den 1980-er und 1990-er Jahren von Ramadan sexuell bedrängt worden zu sein. Manche von ihnen waren damals noch minderjährig.
Ramadan ist in der Schweiz geboren, seine Vorfahren stammen aus Ägypten. Sein Großvater war Hassan al-Banna, der Gründer der konservativen Muslimbruderschaft. Kritiker werfen Ramadan vor, für einen besonders konservativen und politischen Islam einzutreten. Er selbst weist aber jede Nähe zu extremistischen Strömungen zurück. Die USA hatten ihm zwischen 2004 und 2010 aus politischen Gründen ein Einreiseverbot erteilt.
stu/kle (afp, dpa)