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KonflikteSyrien

Kämpfe im Norden Syriens eskalieren - Assad schlägt zurück

2. Dezember 2024

Lange war der Bürgerkrieg in Syrien vom Radar verschwunden. Seit Mittwoch läuft eine Rebellenoffensive. Nun lässt Machthaber Baschar al-Assad zurückschlagen. Dabei spielt Russland eine entscheidende Rolle.

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Ein Scharfschütze der Rebellen in Aleppo zielt mit seinem Gewehr von einem Balkon (01.12.2024)
Ein Kämpfer der Rebellen in Aleppo (am Sonntag)Bild: picture alliance / Anadolu

Viele Akteure sind in die Konflikte im Bürgerkriegsland Syrien verwickelt. Die Lage ist oft unübersichtlich. Zivilisten geraten immer wieder zwischen die Fronten rivalisierenden Kriegsparteien.

Am Mittwoch hatten Dschihadisten im Norden des Landes überraschend eine Offensive gestartet und damit die Truppen von Machthaber Baschar al-Assad und dessen Verbündete Russland und Iran überrumpelt. Rebellen gelang es am Wochenende, einen Großteil der nordsyrischen Millionenmetropole Aleppo unter ihre Kontrolle zu bringen.

Unterstützung aus Iran und Russland

Nun scheint sich das Blatt in dem Krisenstaat im Nahen Osten wieder zu wenden - in mehrerlei Hinsicht: Assad sagte am Sonntag den Rebellen einen harten Kampf an.

Offizielle Quellen zitieren Syriens Präsidenten mit den Worten, die "Zerschlagung des Terrorismus" diene der Stabilität und Sicherheit der gesamten Region. Irans Außenminister Abbas Araghtschi sagte Syrien bei seinem Besuch in der Hauptstadt Damaskus weiterhin Unterstützung zu.

Syrien: Bashar al-Assad (rechts) und Abbas Araghtschiin bei einem Treffen in Damaskus (01.12.2024)
Treffen von Irans Außenminister Abbas Araghtschi mit Syriens Machthaber al-Assad (am Sonntag)Bild: Sana via REUTERS

Das Angebot wurde offenbar schon umgesetzt. Insidern zufolge sind pro-iranischen Milizen aus dem Irak in der Nacht zum Montag nach Syrien gekommen. Das erfuhr die Nachrichtenagentur Reuters aus syrischen Armeekreisen: "Das ist frische Verstärkung, die geschickt wird, um unseren Kameraden an der Front im Norden zu helfen", sagte ein Offizier.

Auch Russland greift erneut ein. Die russische Luftwaffe bombardierte in der Nacht zum Montag Aleppo. Wie die in London ansässige Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte mitteilte, habe die russische Arme Ziele vor einer Klinik im Zentrum von Syriens Hauptstadt angegriffen.

Dabei seien mindestens zwölf Menschen ums leben gekommen: Neben Mitgliedern der Islamistengruppe und Al-Kaida-Ableger Haiat Tahrir al-Scham (HTS) seien auch acht Zivilisten unter den Todesopfern. 23 Menschen seien verletzt worden.

Die Beobachtungsstelle ist eine Nichtregierungsorganisation, die über ein Netzwerk von Informanten in Syrien hat. Die Angaben sind von unabhängiger Seite kaum zu überprüfen, haben sich in der Vergangenheit aber oftmals als zutreffend erwiesen.

Gegenangriffe auch in Idlib und Al-Safira

Die syrische Armee hat Aktivisten zufolge Luftangriffe auf die von Rebellen kontrollierte Stadt Idlib im Nordwesten des Landes geflogen. Dabei seien mindestens fünf Zivilisten getötet und zahlreiche Wohngebäude seien zerstört worden, teilten Mitglieder des syrischen Zivilschutzes mit, die auch als Weißhelme bekannt sind. Mindestens 30 Menschen wurden demnach verletzt, darunter Kinder. Die syrische Staatsagentur SANA meldete zudem Luftschläge gemeinsam mit Russland in den Randbezirken der Stadt Al-Safira, südlich von Aleppo.

Syrien | Fliehende Zivilisten im Osten Aleppo (01.12.2024)
Fliehende Zivilisten im Osten Aleppos (am Sonntag)Bild: Aref Tammawi/AFP

Tausende Zivilisten versuchen aus der Metropole Aleppo zu fliehen. Wer noch dort ist, bewegt sich mit großer Vorsicht durch die Straßen. Viele Menschen würden derzeit die großen Märkte in der Stadt meiden, aus Furcht, diese könnten ins Visier von Luftschlägen geraten, sagte Chalid Imad, ein Bürger Aleppos, der Deutschen Presse-Agentur.

Einkäufe erledigten sie auf kleineren Straßen, berichtet der Syrer, der im Westen Aleppos wohnt. Lebensmittel sind seinen Angaben nach derzeit überall erhältlich.

Syrische Kurden zwischen den Fronten

Bei der Rebellenoffensive ziehen die Gegner des Regimes in Damaskus allerdings nicht an einem Strang: Der Chef des kurdischen Militärbündnisses "Demokratischen Kräfte Syriens" (SDF), Maslum Abdi, teilte mit: "Unsere Kräfte sehen sich intensiven Angriffen an mehreren Fronten gegenüber."

Nach Informationen der Beobachtungsstelle für Menschenrechte werden im Norden des Landes rund 200.000 syrische Kurden von "pro-türkischen Gruppen belagert". Die Kämpfer hätten die Kontrolle über die Stadt Tal Rifaat sowie einige umliegende Dörfer übernommen. Die Beobachtungsstelle äußerte die Befürchtung, dass "Massaker" an Kurden verübt werden könnten.

Angesichts der Offensive pro-türkischer Kämpfer haben die SDF angekündigt, kurdische Zivilisten aus mehreren Gebieten der Provinz Aleppo in Sicherheit zu bringen. Nach dem "Zusammenbruch und Rückzug der syrischen Armee und ihrer Verbündeten" hätten die SDF einen "humanitären Korridor" zwischen Aleppo und Tal Rifaat eingerichtet, so der Chef des kurdischen Militärbündnisses. Angriffe bewaffneter Gruppen, "die von der türkischen Besatzung unterstützt werden", so Abdi, hätten diesen Korridor jedoch unterbrochen.

Internationaler Aufruf zur Deeskalation

Die USA, Deutschland, Frankreich und Großbritannien haben die Konfliktparteien in Syrien zur Deeskalation aufgefordert: "Wir verfolgen die Entwicklungen in Syrien genau", heißt es in einer vom US-Außenministerium veröffentlichten gemeinsamen Erklärung der vier NATO-Staaten. Sie forderten alle Parteien zum Schutz der Zivilbevölkerung und der Infrastruktur auf, "um weitere Vertreibungen und Unterbrechungen des humanitären Zugangs zu verhindern".

Insgesamt wurden bei den jüngsten Kämpfen nach Angaben der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte innerhalb von fünf Tagen mehr als 440 Menschen getötet, die meisten davon Rebellen und Regierungskräfte. Unter den Toten seien auch mehr als 60 Zivilisten, teilte die Organisation mit.

AR/sti (dpa, rtr, afp)

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