Kluge Rüsseltiere
22. Oktober 2013So ein Rüssel ist schon praktisch. Denn dieses lange, äußerst bewegliche und mit einem Tastsinn ausgestattete Körperteil hat für den Elefanten viele Funktionen: Es dient ihm als Riechorgan, als Greifhand zur Nahrungsaufnahme, als Saug- oder Druckpumpe beim Trinken und als Waffe gegen Feinde. Auch bei der Kommunikation untereinander setzen Elefanten ihren Rüssel ein: Je nach Haltung zeigen sie so zum Beispiel ihre Stimmung an.
Elefanten können uns verstehen
Dieses gegenseitige Verständnis unter den Dickhäutern wollten Anna Smet und Richard Byrne von der britischen University of St Andrews genauer verstehen. Sie testeten elf afrikanische Elefanten, die als Reittiere für Safaris in Simbabwe genutzt werden. "Diese Elefanten stammen aus der Wildnis, bauen aber dennoch eine Beziehung zum Menschen auf", erklären die beiden Forscher. Normalerweise freilebend, werden sie für die Reitausflüge gerufen und eingesetzt. Somit sind sie zwar mit verbalen Kommandos vertraut, nicht aber mit Zeigegesten.
Mit einem Fingerzeig zum Futter
Für ihr Experiment versteckten die Forscher Futter unter einem von zwei umgedrehten Blecheimern. Smet stellte sich mittig dazwischen und zeigte mit dem Finger auf den Eimer, der Nahrung enthielt. Der Elefant konnte sich nun für einen der beiden Eimer entscheiden. Das Ergebnis: Über die Hälfte der Tiere wählte den Futtereimer, auf den die Forscherin zuvor gezeigt hatte. Sie folgten ihrer Geste.
Zum Vergleich: Einjährige Kinder schaffen ähnliche Aufgaben mit einer nur geringfügig höheren Trefferquote. Um sicher zu sein, dass die Elefanten das Futter nicht nur wegen des Geruchs fanden, führten Smet und Byrne den gleichen Versuch ohne eindeutige Zeigegeste durch. Jetzt war die Wahl der Dickhäuter zufällig. Sie drehten zur Hälfte den einen und zur anderen Hälfte den zweiten Eimer um.
Elefanten müssen Gesten anscheinend nicht erst lernen
"Besonders hat uns überrascht, dass die Tiere offenbar gar nichts an dieser Fähigkeit erlernen mussten", sagt Smet. "Ihre Auffassungsgabe war schon beim ersten Versuch genauso gut wie bei den letzten Versuchen und wir konnten keine Anzeichen für einen Lernprozess während der Experimente finden." Und auch Elefanten, die im Umgang mit Menschen geübter waren, hatten keinen Vorteil gegenüber ihren Artgenossen, die frisch aus der Wildnis stammten. Das Erstaunliche daran ist, dass selbst unsere Haustiere die Zusammenhänge erst lernen müssen. Ein Hund reagiert zwar auch, wenn sein Herrchen in eine bestimmte Richtung zeigt. Doch er hat im Zusammenleben mit den Menschen gelernt, diese Gesten zu interpretieren. Elefanten verstehen sie auf Anhieb, ohne gezähmt zu sein.
"Elefanten scheinen uns Menschen auf eine Art und Weise zu verstehen, wie dies andere Tiere nicht können", folgern die Forscher. "Offenbar sind sie uns vom Denken ähnlicher als man bisher dachte."