Koalitionsende ist Wahlkampfauftakt
24. April 2012Die niederländische Bevölkerung wählt wahrscheinlich Anfang September ein neues Parlament. Forderungen nach einem Wahltermin noch vor der Sommerpause des Parlaments seien nicht mehr mehrheitsfähig, teilten die Abgeordneten verschiedener Parteien mit. Als Wahltermin wird in Den Haag jetzt immer öfter der 5. September genannt.
Die Sozialdemokraten, die mit 30 der 150 Parlamentsmandate die größte Oppositionsfraktion stellen, waren zuvor von ihrer Forderung nach Neuwahlen am 27. Juni abgerückt. Vor allem die mit 23 Abgeordneten vertretene Freiheitspartei des Rechtspopulisten Geert Wilders hatte einen deutlich späteren Wahltermin verlangt.
Forderung nach stabilen Verhältnissen
Auch Wirtschaftsverbände sowie die Liberalen unter dem amtierenden Ministerpräsidenten Mark Rutte hatten auf einen möglichst raschen Wahltermin gedrungen. Die Niederlande bräuchten schnell stabile politische Verhältnisse, um erforderliche Sparmaßnahmen durchsetzen zu können, hieß es zur Begründung.
Nach dem Fall der Regierung wegen des Streits über Sparauflagen durch den EU-Fiskalpakt hatte die Rating-Agentur Moody's am Montag vor negativen Folgen für die Beurteilung der Kreditwürdigkeit der Niederlande gewarnt. An den Finanzmärkten sorgte das Ende der Regierungskoalition für tiefe Verunsicherung. Anleger fürchten, dass Europa vom Sparkurs abrücken könnte, zumal sich auch in Frankreich ein Machtwechsel hin zu den Sozialisten andeutet.
Ist das Top-Rating gefährdet?
Bislang gehören die Niederlande wie Deutschland zu den Staaten mit der Bestnote AAA. Trotz der Regierungskrise konnte die niederländische Regierung nach eigenen Angaben an diesem Dienstag problemlos am Anleihemarkt fast zwei Milliarden Euro zu unverändert niedrigen Zinssätzen aufnehmen.
Die rechtspopulistische Freiheitspartei hatte der Minderheitsregierung aus Rechtsliberalen und Christdemokraten am Wochenende im Streit um Sparpläne zur Erfüllung von Auflagen des EU-Fiskalpaktes die Unterstützung im Parlament entzogen. Daraufhin sah sich Ministerpräsident Mark Rutte gezwungen, bei Königin Beatrix den Rücktritt seines Kabinetts einzureichen. Rutte und seine Minister regieren auf Bitten des Staatsoberhaupts seit Montag als Interimskabinett bis zu den Neuwahlen. Die Mitte-Rechts-Regierung in Den Haag ist die achte Regierung eines Staates der Eurozone, die seit Beginn der Euro-Schuldenkrise gescheitert ist.
mm/se (dpa, rtre)