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Politik

Illusionen über Putin und Russland

17. Mai 2018

Trotz aller Irritationen der vergangenen Tage und Wochen wäre es naiv zu glauben, Wladimir Putins Russland sei der bessere Partner für Deutschland als Donald Trumps USA, meint Ingo Mannteufel.

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Russland | Merkel trifft Putin
Auch im Mai 2017 trafen sich Angela Merkel und Wladimir Putin in Sotschi - damals zur Vorbereitung des G20-GipfelsBild: picture-alliance/dpa/Sputnik/S. Guneev

Wenn am Freitag die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel in Sotschi auf den russischen Präsidenten Wladimir Putin trifft, kommt es zum Höhepunkt der "Russland-Woche" der deutschen Außenpolitik. Denn in den vergangenen Tagen waren bereits der neue deutsche Außenminister Heiko Maas sowie der deutsche Wirtschaftsminister Peter Altmaier in Moskau zu Besuch, um mit ihren russischen Amtskollegen zentrale Fragen der internationalen und europäischen Politik zu besprechen. Dieser intensive diplomatische Austausch rückt in der deutschen Öffentlichkeit die deutsch-russischen Beziehungen wieder stärker in den Fokus, zumal die außenpolitischen Alleingänge des US-amerikanischen Präsidenten Donald Trump die transatlantische Freundschaft der Deutschen auf eine heftige Probe stellen. Da verwundert es nicht, wenn politische Stimmen in Deutschland für eine Annäherung an Russland plädieren und auf einen Ausgleich mit Moskau drängen.

Keine Zeit für Appeasement

Doch wer darauf setzt, durch einseitige Zugeständnisse bei den Wirtschaftssanktionen oder andere faule Kompromisse eine Entspannung in den Beziehungen zu Russland einleiten zu können, der irrt gewaltig. Nicht nur weil diese Appeasement-Politik in Moskau lediglich als Schwäche interpretiert werden würde. Vielmehr scheint vielen immer noch nicht klar zu sein, dass Putin die Konfrontation mit dem Westen zur inneren Machtsicherung benötigt, um die russische Bevölkerung von der wirtschaftlichen Stagnation und den sozialen Problemen Russlands abzulenken. Es ist daher naiv zu glauben, mit Putin zu einer Verständigung über die Ukraine zu kommen. Oder sogar mit ihm über eine neue europäische Friedensordnung verhandeln zu können. Hat er diese doch mit seiner aggressiven Außenpolitik gegenüber der Ukraine, aber auch mit versuchten Einflussnahmen auf westlichen Wahlen oder den Cyberattacken gegen deutsche Institutionen selbst unterminiert.

Mannteufel Ingo Kommentarbild App
Ingo Mannteufel leitet die Russische Redaktion der DW

Ob Putins Russland - nicht Russland allgemein - gerade in diesen Zeiten der richtige Partner für den weiteren Ausbau deutsch-russischer Energiebeziehungen ist, darf bezweifelt werden. In jedem Fall muss sichergestellt werden, dass die geplante Erdgaspipeline Nord Stream 2 durch die Ostsee nicht dem europäischen Interesse zuwiderläuft, die Ukraine wirtschaftlich und politisch zu stabilisieren. Deshalb ist es richtig, dass Wirtschaftsminister Altmaier über Garantien von Moskau nachdenkt, dass die Ukraine durch Nord Stream 2 keine Verluste an Transitgebühren erleiden soll. Doch solche Details müssen Teil einer größeren und langfristigeren Russlandstrategie sein.

Keine schnelle Einigung

Die deutsche Russlandpolitik benötigt erst einmal die Einsicht, dass im Umgang mit Putin ein langer Atem nötig ist und es keine schnelle Einigung mit Moskau geben wird. So lange der Kreml an seiner aggressiven Ukraine-Politik festhält (und das wird er, weil sie Teil der inneren Machtsicherung Putins ist), müssen die Sanktionen aufrechterhalten bleiben. Auch nur ein schrittweiser Ausstieg aus den Sanktionen wäre das völlig falsche Signal. Die deutsche Außenpolitik muss zu den Prinzipien der von Moskau unterminierten europäischen Friedensordnung stehen.

Zweitens gilt es, die eigene deutsche - und europäisch eingebundene - Verteidigungsfähigkeit sowohl in traditioneller Hinsicht als auch gegen die neuen Gefahren des hybriden Cyberkrieges erheblich zu erhöhen. Und drittens gilt es mit Moskau - diplomatisch spricht man dann euphemistisch vom "Partner" - in einzelnen internationalen Fragen wie dem Atomabkommen mit dem Iran einen pragmatischen Austausch pflegen, um eigene außenpolitische Interessen durchzusetzen.

Doppelstrategie nötig

Diese diplomatische Russlandstrategie muss aber durch zwei weitere wichtige Elemente unterfüttert werden: Zum einen darf die westliche Politik nie übereilt und hysterisch auf Provokationen aus Moskau reagieren. Davon profitiert letztendlich nur der Kreml, während die eigene Glaubwürdigkeit erheblich leidet. Die britische Premierministerin May hat nach dem Anschlag auf den Doppelagenten Sergej Skripal vorgemacht, wie man es nicht machen sollte. Damit wird nur das vom Kreml instrumentalisierte Feindbild "der Westen" in Russland verstärkt.

Zum anderen muss sich Deutschland, muss sich ganz Europa der russischen Gesellschaft stärker öffnen. Nötig ist ein umfassender Dialog mit allen politischen Kräften und Gruppen in Russland - auch den nationalistischen, patriotischen und konservativen Kräften. Mit einem nüchternen Ton und dem Wissen um die eigenen Prinzipien kann allein im Dialog die vollkommen zu recht beklagte Entfremdung zwischen Deutschen und Russen langfristig überwunden werden.

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