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Klare Botschaft an Erdogan

12. Juli 2016

Deutschland ist nicht erpressbar! Das gibt Bundestagspräsident Lammert zu verstehen, wenn er den Einsatz der Bundeswehr im türkischen Incirlik in Frage stellt. Richtig so, meint Sabine Kinkartz.

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Türkei Incirlik Air Base
Tornado-Jagdflugzeuge der Deutschen Bundeswehr auf der Luftwaffenbasis Incirlik in der TürkeiBild: Getty Images/AFP/T. Schwarz

Wer darf die Bundeswehr auf dem NATO-Stützpunkt Incirlik besuchen und wer nicht? Für den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan ist das keine Frage. Die Luftwaffenbasis, die im internationalen Kampf gegen die Dschihadistenmiliz "Islamischer Staat" (IS) eine wichtige Rolle spielt, ist Eigentum der türkischen Luftwaffe und liegt in der Türkei. Daraus leitet Erdogan das hoheitliche Recht ab, den Zutritt für Besucher gewähren und ablehnen zu dürfen, wie es ihm gerade passt.

Für deutsche Parlamentarier bleibt der Schlagbaum seit knapp drei Wochen unten. Eine gezielte Provokation, die nicht zufällig auf die Armenien-Resolution des Deutschen Bundestages folgte, in der das Hohe Haus die Massaker im Osmanischen Reich an den Armeniern vor mehr als 100 Jahren als "Völkermord" bezeichnet hat. Ob das allein kindisch anmutende Rachegelüste sind, oder ob Erdogan tatsächlich glaubt, dass er mit dem Besuchsverbot den Bundestag dazu bewegen könnte, die Resolution zurückzuziehen?

Bundeswehr ist Parlamentsarmee

In jedem Fall ist es eine politisch wenig durchdachte Reaktion, denn in kaum einem anderen Land hat das Parlament so viele Mitbestimmungsrechte in militärischen Fragen wie in Deutschland.

Die Bundeswehr gilt als Parlamentsarmee, weil jeder Auslandseinsatz vom Bundestag beschlossen werden muss. Das haben eine Reihe Abgeordneter bereits deutlich gesagt. Wenn jetzt auch Bundestagspräsident Norbert Lammert den Verbleib der Bundeswehr in Incirlik in Frage stellt, dann bündelt und verstärkt diese Stellungnahme das bislang Gesagte nicht nur. Es zeigt zudem, dass ein Abzug der Bundeswehr eine durchaus ernst zu nehmende Option ist.

Kinkartz Sabine Kommentarbild App
Sabine Kinkartz ist Korrespondentin im DW-Hauptstadtstudio

Lammert ist ein Freund der klaren Worte und bezieht im Streit mit der Türkei nun deutlich Stellung. Im Gegensatz zur Bundeskanzlerin, die sich am Wochenende bei einem Gespräch mit dem türkischen Präsidenten zwar erfolglos für ein Ende des Besuchsverbots eingesetzt hatte, daraus aber (noch) keine Konsequenzen ziehen will. Wo Angela Merkel vage bleibt, zeigt Nobert Lammert zu Recht klare Kante: Wenn die Bundeswehr in der Türkei nicht länger willkommen sei - und Besuchsverbote signalisieren das selbstverständlich nicht - dann werde sie dort auch nicht dauerhaft bleiben.

Incirlik gehörte Armeniern

Allerdings ist auch Lammert - und der Kanzlerin ohnehin - klar, dass der Einsatz der Bundeswehr gegen den sogenannten "Islamischen Staat" nicht allein eine deutsch-türkische Angelegenheit ist. Die rund 250 deutschen Soldaten, die sich mit ihren Kampfjets und einem Tankflugzeug an Aufklärungsflügen über Syrien und dem Irak beteiligen, werden von der internationalen Gemeinschaft gebraucht. Könnte man sie trotzdem so einfach abziehen? Ein politischer und ein Gewissenskonflikt, auf den allerdings auch Erdogan kaltblütig setzt. Und das macht die Entscheidung noch unappetitlicher.

Zur Nagelprobe wird es allerdings frühestens in der zweiten Septemberwoche kommen. Solange ist der Bundestag noch in der Sommerpause. Dann aber wollen die Verteidigungsexperten aller Bundestagsfraktionen gemeinsam zu den deutschen Soldaten in die Türkei reisen. Das haben sie vor ihrem Urlaub bereits angekündigt und ihren Reiseantrag auch schon gestellt. Es wäre also nicht schlecht, wenn der Streit mit der Türkei bis dahin beigelegt wäre. Ach ja, zum Schluss noch ein Aperçu: Das Gelände, auf dem heute die Luftwaffenbasis Incirlik liegt, wurde im Zusammenhang mit dem Völkermord 1915 enteignet. Es gehörte Armeniern.

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