Donald Trump will mit Wladimir Putin unter vier Augen sprechen. Nur die beiden, mit je einem Dolmetscher. Politische Berater und Protokollanten sollen bei der Unterredung diesmal nicht zugegen sein. Das Weiße Haus will es so - und verstößt gegen eine Grundregel derartiger Gipfeltreffen, die mehr ist als bloße Gepflogenheit. Trump schürt damit das Misstrauen, er befeuert tief sitzende Ängste bei jenen, die sich von Russland bedroht sehen und die an der Beistandsgarantie des westlichen Bündnisses zweifeln.
Trump und Putin sind sich sehr ähnlich. Beide verstehen sich als "starke Männer" in einer von Chaos geprägten Welt, beide begreifen die von ihnen geführten Gemeinwesen in erster Linie als Machtstaaten. Putin stilisiert sich seit längerem als Führer all jener politischen Kräfte, die entschieden illiberal sind. Trump wiederum gefällt sich in der Rolle des Zerstörers jener liberalen Institutionen, die der Welt nach den Epochenbrüchen von 1945 und 1990 eine Ordnung gaben.
Gegenseitige Bewunderung
Beide haben schon mehrfach zu erkennen gegeben, dass sie einander bewundern, allen Interessengegensätzen zum Trotz. Für das Treffen von Helsinki verheißt das nichts Gutes, denn dazu sind die Erwartungshorizonte zu unterschiedlich. Der Amerikaner sucht wie so oft zuvor den medialen Effekt, ein Treffen auf großer Bühne, Schulterklopfen mit Aplomb; er will die Welt verblüffen. Seine politischen Ziele - so er denn welche hat - hält Trump verborgen.
Der Russe hingegen hat eine umfangreiche Agenda: Putin will freie Hand im syrischen Bürgerkrieg. Er will freie Hand in der Ukraine, die Putin als russische Einflusszone versteht und der er nur begrenzte Souveränität zugesteht. Und schließlich fordert er, dass der Westen anerkennt, die handstreichartige Besetzung der ukrainischen Halbinsel Krim vor vier Jahren sei keine Annexion, sondern eine "Wiedervereinigung" mit Russland gewesen. Die EU und die USA haben wegen der Krim Sanktionen gegen Moskau verhängt, und Putin will sie gerne weghaben.
Trump: Putins Wunschkandidat
Wer zu fragen beginnt, wie Putin diese Ziele bei seinem amerikanischen Gegenüber durchsetzen kann, blickt in einen politisch-moralischen Abgrund. Während Trump durch Europa reist, hat ein US-Sonderermittler Anklage gegen zwölf russische Agenten erhoben. Sie sollen in die US-Präsidentschaftswahl vor zwei Jahren eingegriffen haben. Russland steht seit langem im Verdacht, Trumps Wahlkampf nachgeholfen zu haben: durch Hackerangriffe, durch Informationsdiebstahl, durch Social-Media-Kampagnen zur Beeinflussung der US-Wähler.
Keine Frage, Donald Trump war der Wunschkandidat der Kreml-Führung. Aber ist er deshalb auch gleich "ihr" Präsident? Die Antwort hängt nicht allein davon ab, ob der Kreml etwas gegen Trump in der Hand hat, ob es sogenanntes "Kompromat" gibt – kompromittierendes Material, das zu politischer Erpressung taugt. Spekuliert wird darüber ja immer wieder, mal über Trumps Frauengeschichten in Moskau, mal über Trumps Geschäftskontakte in New York.
Diese Geschichten aus Trumps Vorleben sind sensationsheischend, aber es bleiben bis auf weiteres Spekulationen. Sie dürfen nicht ablenken von der realen Politik, die "the real" Donald Trump macht. Wer die NATO-Verbündeten so brüskiert, wie Trump es tut, der besorgt das Geschäft aller Gegner des Westens. Ein US-Präsident, der mit dem Austritt aus der NATO droht, ist ein Geschenk für jeden russischen Präsdienten. Ob Putin sich bei Trump dafür in Helsinki bedanken wird? Wir werden es nicht erfahren. Trump weiß nur zu gut, warum er keine Aufzeichnungen seines Gespräches mit Putin will.
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