Aufschwung später
11. Mai 2012Die Europäer müssen noch auf den Wirtschaftsaufschwung warten und sich auf weitere Opfer einstellen. Dann geht es allmählich aufwärts. Viel Trost hatte EU-Währungskommissar Olli Rehn am Freitag (11.05.) nicht zu bieten. Seine Frühjahrsprognose liest sich vor allem als Durchhalteparole. “Die europäische Wirtschaft dürfte sich gerade in einer milden, aber kurzen Rezession befinden. Sie dürfte sich aber von der zweiten Hälfte dieses Jahres an langsam erholen.“ Für 2012 erwartet die Kommission in der Eurozone ein Minus von 0,3 Prozent, für 2013 dann ein Plus von einem Prozent. Die Arbeitslosigkeit bleibt auch dann noch hoch, wenn das Wachstum allmählich wieder anziehen wird, nämlich bei bis zu 11 Prozent in der Eurozone im kommenden Jahr.
Frankreich schlechter als erwartet, Italien besser
Der Defizitabbau in ganz Europa macht dagegen laut Rehn Fortschritte, wenn auch in einzelnen Ländern sehr unterschiedlich schnell. Deutschland liegt mit seinen Daten, wie erwartet, sehr gut da. Auch das lange mit Sorge betrachtete Italien kommt nach der Kommissionsvorhersage mit seinem Defizitabbau voran. Wichtig für den neuen französischen Präsidenten Francois Hollande, dem das Sparen offenbar nicht so wichtig ist: Frankreich dürfte seine vereinbarten Konsolidierungsziele verfehlen. Wenn sich daran nichts ändert, wird ihn die Kommission in Zukunft in die Zange nehmen. Weit über dem Ziel liegt Spanien. Dort ist die Lage wegen der Banken besonders angespannt. Ob die Kommission Spanien eine längere Frist beim Defizitabbau einräumen wird, ließ Rehn offen, sprach aber der Regierung in Madrid sein Vertrauen aus.
“Systematisch über seine Verhältnisse gelebt“
Wenig Geduld hat der Finne dagegen mit Griechenland. “Griechenland hat ein Jahrzehnt lang systematisch über seine Verhältnisse gelebt.“ Auch fast eine Woche nach der Wahl zeichnet sich in Athen keine Regierung ab, geschweige denn eine, die zu den vereinbarten Konsolidierungszielen stehen würde. Rehn erwartet, “dass die politischen Kräfte Griechenlands bald eine Koalitionsregierung bilden werden, die gewährleisten kann, dass Griechenland auf eine nachhaltige Grundlage und zu Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit zurückkehrt.“ Dass es auch anders geht nach einer Krise, dafür hatte Rehn Beispiele parat. Für das gesamte Baltikum und vor allem für Lettland habe sich die Rosskur am Ende ausgezahlt.
Ohne Fleiß kein Preis
Der Kommissar sieht aber noch andere Lichtblicke, etwa bei den Arbeitskosten in Europa. Die Lohnstückkosten seien gerade in den Ländern am meisten gesunken, die besonders tief in der Krise stecken, in Spanien, Irland und eben auch in Griechenland. Das werde ihre Wettbewerbsfähigkeit steigern. “Die Überschussländer, zum Beispiel Deutschland, bewegen sich in die umgekehrte Richtung. Dort steigen die Lohnstückkosten." Das werde die Binnennachfrage dort stärken und helfen, die Ungleichgewichte in Europa abzubauen. Rehn betonte, die vorausgesagte langsame Erholung werde sich nur dann einstellen, wenn die Länder auf dem Pfad der Tugend bleiben. Der besteht für die Kommission aus drei Teilen: Haushalte zu konsolidieren, Strukturreformen durchzuführen und in einige gezielte Projekte zu investieren. Es ist Rehns Mantra. Und er rückt nicht davon ab, griechische Regierungskrise hin, Hollande her.