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Ein Molekül gegen Übergewicht und Diabetes

12. Februar 2021

Die Hormone GIP und GLP-1 sind wichtig zur Bekämpfung von Diabetes Typ-2 und Adipositas. Forscher aus Deutschland, der Schweiz und den USA haben nun Mäuseversuche durchgeführt, die Hoffnung auf ein Medikament machen.

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Symbolbild: Fettleibigkeit/ Adipositas/ Übergewicht - Ein Mensch steht auf der Waage
Bild: picture-alliance/G. Fuller

Um die neuen Forschungsergebnisse zu verstehen, muss man sich etwas mit Grundlagenforschung beschäftigen: Im Zentrum stehen zwei Botenstoffe, die für die Forschenden  des Helmholtz-Zentrums München, der ETH Zürich des Deutschen Zentrums für Diabetesforschung (DZD)  und der Indiana University besonders vielversprechend sind: glukoseabhängiges insulinotropes Peptid (GIP)  und Glukagon-ähnliches Peptid-1 (GLP-1). 

GIP und GLP-1 werden im Verdauungstrakt gebildet und spielen entscheidende Rollen bei der Regulierung des Körpergewichts und der Nahrungsaufnahme. Eine nun in der Fachzeitschrift Cell Metabolism erschienene Studie liefert Ansatzpunkte für die Entwicklung von Medikamenten zur Behandlung von Übergewicht und Diabetes-Typ-2.

Zwei Arten von Mäusen im Versuch

GIP wirkt auf Rezeptoren des zentralen Nervensystems bzw. im Gehirn. Dadurch stimuliert es die Ausschüttung von Insulin und senkt den Blutzuckerspiegel. Nur wie genau das funktioniert, was bisher nicht klar gewesen.

Die Erstautorin Qian Zhang und ihr Team hatten für ihren Versuch zwei verschiedene Arten von Mäusen zur Verfügung: Normale Wildtyp-Mäuse sowie speziell gezüchtete Mäuse, denen der GIP-Rezeptor im Gehirn fehlte. Beiden spritzen die Forscher nun GIP. 

Symbolbild: Labormaus
Von Natur aus haben Mäuse GIP-Rezeptoren. Einigen Labormäusen fehlt dieser. Bild: Imago/CTK Photo

Es zeigte sich, dass bei den Wildtyp-Mäusen das Körpergewicht und die Nahrungsaufnahme zurückging – ein Hinweis darauf, dass das Hormon eine Auswirkung auf die Appetitregulation hat. Bei den Zuchtmäusen ohne GIP-Rezeptor blieb die Nahrungsaufnahme hingegen gleich. Das Körpergewicht nahm nur minimal ab.

Zudem schauten sich die Forscher die Gehirnaktivität der Mäuse an. "Dabei zeigte sich nach Gabe von GIP eine erhöhte neuronale Aktivität im Bereich des Hypothalamus, die mit der Kontrolle des Appetits verbunden sind", sagt Christian Wolfrum von der ETH Zürich. 

Ansätze für Medikamente 

Für die Behandlung von Diabetes-Typ-2  spielt GLP-1 wiederum eine wichtige Rolle. Es verstärkt die Glucose-abhängige Freisetzung von Insulin aus den Zellen der Bauchspeicheldrüse. Diabetiker produzieren selbst nicht genug Insulin und müssen es sich regelmäßig spritzen. 

Das Problem: GLP-1 wird im Körper sehr schnell wieder abgebaut und muss ständig neu produziert werden. Bereits seit 2005 gibt es dafür eine Lösung: Ein Medikament namens Exenatid von AstraZeneca.  

Dieses enthält einen Wirkstoff, der aus dem Speichel der nordamerikanischen Gila-Krustenechse gewonnen wird und ähnlich wie GLP-1 wirkt, aber nicht so schnell vom Körper abgebaut wird.

Der Wirkstoff ist also ein Agonist. Das bedeutet: Er ahmt die Wirkung eines Hormons an einem Rezeptor nach und stimuliert den Rezeptor in gleicher Weise. 

Einen ähnlichen Weg über GLP-1 und GIP-Agonisten hatten auch schon Forschende des Helmholtz-Zentrums München mit Kollegen der Indiana University beschritten. Sie hatten zwei Hormone in einem einzigen Molekül kombiniert, das sowohl an GIP als auch GLP-1 Rezeptoren wirkt und diese anregt. 

Dieser duale Agonist senkt gleichzeitig das Gewicht und verbessert die Blutzuckerwerte. Ihre Forschungen hatten sie 2013 in Science Translational Medicine veröffentlicht.

Mittlerweile ist der Wirkstoff bereits in einer klinischen Phase-III Studie angekommen. Es hat sich dabei gezeigt, dass das Kombinationspräparat das Körpergewicht stärker reduziert als nur ein Molekül, dass am GLP-1 Rezeptor wirkt.

Im Mäuseversuch wurde auch hier deutlich, dass das Medikament keine Wirkung bei Mäusen zeigte, denen der GIP-Rezeptor im Gehirn fehlte. "Unsere Arbeiten zeigen zum ersten Mal, dass der GLP-1/GIP-Dual-Antagonist den GIP-Rezeptor im Gehirn benötigt, um das Körpergewicht und die Nahrungsaufnahme zu senken", berichtet Timo Müller, Letztautor der neuen Studie und Leiter des Instituts für Diabetes und Adipositas am Helmholtz-Zentrum München. 

Sein nächstes Etappenziel ist es nun, weitere Wirkstoffe zu finden, um die Signalgebung der GIP-Rezeptoren zu verbessern, denn die sind offenbar der zentrale Mechanismus zur Behandlung beider Krankheitsbilder. 

Schmidt Fabian Kommentarbild App
Fabian Schmidt Wissenschaftsredakteur mit Blick auf Technik und Erfindungen