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PolitikKuba

Kuba: Kirche mit offenen Türen für LGBTIQ

Maricel Drazer
31. Dezember 2020

Der LGBTIQ-Community und gleichzeitig einer christlichen Gemeinde anzugehören, ist nicht überall selbstverständlich. Erst recht nicht im katholisch beeinflussten Kuba. Aber eine Kirche geht andere Wege.

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Katholische Kirche und Homosexuelle: Eine Hand mit Regenbogenarmband schüttelt eine andere mit Rosenkranz
Bild: AFP/Getty Images/M. Viatteau

Während die meisten Kirchen in Deutschland, den USA und anderen westlichen Ländern Schwule, Lesben, Bisexuelle, Transgender, Intersexuelle und queere Menschen mittlerweile willkommen heißen, ist das in Kuba die Ausnahme. Und diese Ausnahme heißt Iglesia de la Comunidad Metropolitana und ist eine protestantische Freikirche.

"Früher ging ich in eine reformierte Kirche, in der ständig von Homosexualität als Sünde die Rede war", erzählt der User Fernando Cepero Romero in den sozialen Netzwerken der Gemeinde. "Dabei habe ich als Homosexueller es nie so gesehen. Für mich ging es dabei immer nur um Liebe." Er habe aus dem Freundeskreis von der Freikirche gehört und danke Gott dafür.

Spirituelle Heimat für LGBTIQ

Das Statement von Fernando Cepero Romero gehört zur Kampagne "Christus liebt meine Farben", mit der die Iglesia de la Comunidad Metropolitana in Kuba wirbt. Die Gemeinde gehört der Metropolitan Community Church (MCC) an, die Ende der 1960er Jahre in Los Angeles als spirituelles Angebot an die schwul-lesbische Szene gegründet wurde. Damals wurden Menschen, die nicht der heterosexuellen Norm entsprachen, auch in Kalifornien noch stark diskriminiert.

LGBTI-Pride Parade in Kolumbien
LGBTIQ-Aktivist in Lateinamerika - hier bei einer Gay Pride Parade in Medellin, KolumbienBild: Getty Images/J.Sarmiento

Mittlerweile erkennen weltweit praktisch alle wichtigen protestantischen Glaubensgemeinschaften gleichgeschlechtliche Partnerschaften auf die eine oder andere Weise an, erteilen ihnen den Segen oder stellen sie einer heterosexuellen Heirat gleich. In Deutschland können homosexuelle Paare in fast allen Landeskirchen der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) ihre Partnerschaft zumindest segnen lassen. In etwa der Hälfte der Regionen können sich Homosexuelle, genau wie Heterosexuelle, kirchlich trauen lassen.

Schwieriges Verhältnis: Kirche und Kuba

In Kuba ist das anders. Jahrhundertelang mischten sich hier die Kulte von Ureinwohnern und afrikanischen Sklaven mit dem Katholizismus der spanischen Herrscher, und zwar stärker als in den meisten anderen Ländern Lateinamerikas. Mit dem Einfluss der USA wuchs auch die Rolle der protestantischen Kirchen. Unter dem Diktat Fidel Castros war die Religionsausübung zunächst verboten. Praktizierende Christen wurden unterdrückt. Erst 1992 verankerte das kommunistische Regime die Religionsfreiheit in der Verfassung.

Papstbesuch in Havanna, Franziskus fährt im Papa-Mobil durch die Menge auf dem Platz der Revolution, auch eine Friedensflagge in LGBTIQ-Farben ist zu sehen
Papst Franziskus 2015 in Havanna: Die katholische Kirche gilt als Mittler zwischen Zivilgesellschaft und Castro-RegimeBild: picture-alliance/dpa/A. Ernesto

Doch auch heute noch fühlen sich viele Gläubige gegängelt. Gleichzeitig gilt die katholische Kirche in Kuba als wichtiger Brückenbauer zwischen Zivilgesellschaft und Regime. Doch dem Vatikan gilt - auch mit dem in dieser Hinsicht als liberal geltenden Papst Franziskus an der Spitze - Homosexualität weiterhin als Sünde. Und auch andere Glaubensgemeinschaften in Kuba sind der LGBTIQ-Gemeinde gegenüber weniger aufgeschlossen als anderswo.

Eine "radikal inklusive" Kirche

Die MCC bleibt ihrem weltweiten Credo auch in Kuba treu, Menschen unabhängig von ihrer sexuellen Orientierung oder Identität eine spirituelle Heimat anzubieten, erklärt die Vorsitzende des kubanischen MCC-Ablegers Yivi Cruz der DW: "Unsere Kirche steht allen Menschen offen, aber vor allem denen, die von anderen Kirchen ausgeschlossen oder gar verletzt wurden."

Nach Angaben der Dachorganisation gibt es MCC-Gemeinden in 37 Ländern auf allen bewohnten Kontinenten. In Kuba sind es drei, die erste wurde 2015 gegründet. Die einzige Voraussetzung, die Mitglieder erfüllen müssen, um in die Gemeinde aufgenommen zu werden, ist die Taufe.

Lebensmitteln als Opfergaben und Trommelmusik: Der kubanische Santería-Glauben vermischt christliche Elemente mit afrikanischem Spiritismus.
Der kubanische Santería-Glauben vermischt christliche Elemente mit afrikanischem SpiritismusBild: picture alliance/AP Photo/D. Boylan

Am Abendmahl aber, dem zentralen Sakrament der protestantischen Glaubensgemeinschaften, dürfen in der MCC auch Ungetaufte teilnehmen. Das sind in Kuba vor allem Gläubige afrokubanischer Riten wie der weit verbreiteten Santería, die ihre Wurzeln im Voodoo hat. "Wir sind eine radikal inklusive Kirche", sagt Pastorin Cruz. "Wir schließen niemanden aus - nicht wegen des Geschlechts, nicht wegen der Hautfarbe und auch nicht wegen seiner oder ihrer Religion."

Auch politisch gegen den Strom

"Ich glaube, die MCC ist auch über das Religiöse hinaus ein Vorbild für Respekt und Gemeinsinn in der Gesellschaft", sagt die kubanische Journalistin Eileen Sosin Martínez, die für die regierungskritische Website openDemocracy über die MCC in Kuba geschrieben hat. "Indem sie alle Menschen einschließt, bietet sie einen Raum für Widerstand und Hoffnung." Derzeit nämlich, sagt Sosin Martínez der DW, erlebe religiöser Fundamentalismus in Kuba einen Aufschwung.

Damit spielt sie auf die Debatte um die gleichgeschlechtliche Ehe an, die derzeit in Kuba geführt wird. Vor der Verfassungsreform 2019 hoffte die kubanische LGBTIQ-Gemeinde, dass das Regime in Havanna die Ehe für alle darin festschreiben würde. Verschiedene Kirchen wandten sich dagegen, die MCC sprach sich dafür aus. Letztlich fand das Thema in der Verfassung keinen Platz. Nun hofft die Community, dass ihr Anliegen im Familiengesetz aufgegriffen wird, das 2021 novelliert werden soll.

Egal, wie die Entscheidung lautet, die MCC, sagt Pastorin Yivi Cruz, lasse sich nicht bremsen: "Wir feiern Hochzeiten für alle, die das wollen, weil die Liebe kein Privileg sein darf." Die Gemeinde setzt sich aber auch für andere soziale und politische Belange ein, etwa die Aufklärung über sexuelle Gesundheit oder Umweltschutz. Um ihr inklusives Angebot auszuweiten, sagt Pastorin Cruz, wolle man weitere Gemeinden in Kuba gründen: "Wo auch immer unsere befreiende Theologie gebraucht wird, wollen wir präsent sein."

Aus dem Spanischen adaptiert von Jan D. Walter

"Wir bauen eine Kirche!" – Katholiken in Kuba