Baumwolle Wettbewerb
20. März 2014Die 32. Internationale Baumwoll-Konferenz in Bremen begann mit einer Modenschau. Die Veranstalter wollten damit das diesjährige Hauptthema illustrieren: Wie lassen sich Verbraucher für Baumwolle begeistern?
Baumwolle verliert seit Jahrzehnten Marktanteile bei Textilfasern. Waren es vor 30 Jahren noch rund 50 Prozent, sind es inzwischen weniger als 30 Prozent. Künstliche Fasern wie Polyester laufen der Baumwolle den Rang ab.
"Die Nachfrage ist nicht so stark, wie wir es uns wünschen", sagt José Sette, Direktor des International Cotton Advisory Committee (ICAC), einer Organisation baumwollproduzierender Länder mit Sitz in der US-Hauptstadt Washington. "Künstliche Fasern haben gegenüber Baumwolle technologische Vorteile und sind für Textilhersteller einfacher zu verarbeiten."
Vorteile der Kunstfasern
Kunstfasern sind auch einfacher zu herzustellen. Ihre Produktion ist unabhängig vom Wetter und benötigt kein Ackerland, das für den Anbau von Nahrungsmitteln verwendet werden könnte. Baumwolle wird derzeit auf 2,5 Prozent der weltweiten Ackerfläche angepflanzt.
Der Trend, dass Kunstfasern die Baumwolle überholen, beschränkt sich nicht auf Kunden in Industrieländer, die spezielle Funktionskleidung wünschen, etwa schnelltrocknende Trikots für den Sport oder Jacken mit eingebautem Sonnenschutz für Wanderungen. In Schwellenländern wie China sei die Popularität von Textilien aus Kunstfasern sogar noch größer, so ICAC-Direktor Sette.
"Wichtigster Rohstoff weltweit"
Die weltweite Baumwollproduktion ist zuletzt zwar leicht auf 25 Millionen Tonnen gestiegen. Doch für die Millionen Menschen, die von der Baumwolle leben, ist die Entwicklung besorgniserregend. "Global sind 250-300 Millionen Menschen direkt an der Baumwollproduktion beteiligt", sagt Fritz Grobien, Präsident der Bremer Baumwollbörse und Mitveranstalter der Konferenz. "Betrachtet man die textile Wertschöpfungskette, kommen noch einmal ein paar hundert Millionen dazu - bis hin zur Textil-Fachverkäuferin, die im Einzelhandel steht." Mit Ausnahme der Lebensmittel sei Baumwolle daher "der wichtigste Rohstoff weltweit", so Grobien.
Die Unterschiede in der Baumwollproduktion sind gewaltig. In Indien, nach China die zweitgrößte Baumwollnation, dominieren noch immer Kleinbauern, die mit dem Ochsengespann ihren Acker pflügen. In den USA - drittgrößter Produzent, aber größter Exporteur - erfolgt der Anbau mit modernsten Mitteln, und Flugzeuge versprühen Pflanzenschutzmittel auf den riesigen Feldern.
Auch die Erträge der Farmer variieren stark von Land zu Land. "In den USA liegt der Ertrag heute ungefähr bei 1000 Kilogramm pro Hektar, in China liegt er etwas darüber", sagt Fritz Grobien von der Baumwollbörse. Australien und Israel belegten mit Erträgen von mehr als 2000 Kilogramm pro Hektar die Spitzenplätze. "Am unteren Ende liegen Länder wie Malawi und Mosambik in Afrika mit nur 400 bis 500 Kilogramm pro Hektar." Für die Bauern bleibe bei so geringen Erträgen oft zu wenig übrig, weil die Preise für Saatgut, Dünger und Pflanzenschutzmittel gestiegen sind, so Grobien.
Kritik an Kinderarbeit
Kritik an den Produktionsbedingungen wurde direkt vor dem Eingang zur Bremer Baumwoll-Konferenz laut. "Es ist nicht in Ordnung, dass Baumwolle von Kinderhänden gepflückt wird oder von Zwangsarbeitern, wie etwa in Usbekistan", sagt Berndt Hinzmann vom Netzwerk Inkota, einer entwicklungspolitischen Organisation mit Sitz in Berlin. Zusammen mit Gleichgesinnten suchte er vor dem Tagungsort, dem Bremer Rathaus, das Gespräch mit einigen der rund 500 Teilnehmer aus 40 Ländern, um eine Lösung der Missstände zu fordern. "Die Verantwortung dafür tragen auch Unternehmen, die davon profitieren, dass Baumwolle zu solchen Preisen geerntet und verarbeitet werden kann."
Innen, im Rathaus, sind die Arbeitsbedingungen kein Thema. Hier dreht sich in diesem Jahr alles neue Entwicklungen in Produktion und Verarbeitung - und den Wettbewerb mit den Kunstfasern. Über Baumwollpreise redet man durchaus - allerdings mit anderer Perspektive als die Protestierenden vor der Tür. "Zurzeit ist Baumwolle im Vergleich zu Kunstfasern relativ teuer", sagt ICAC-Direktor José Sette. "Das schadet der Wettbewerbsfähigkeit der Baumwolle."