Russische Kälte
7. Januar 2009In Prag ist es bitterkalt, vor dem Fenster wirbeln die Schneeflocken. Die Bartiks sitzen in ihrer kleinen Küche, in einer Ecke läuft eine alte Gasheizung. Die beiden Rentner wohnen seit 50 Jahren in einer Altbauwohnung im Prager Zentrum. Auf der Anrichte in der Küche steht ein Radiogerät.
Angst vor der Gas-Knappheit
Was die Bartiks in den Nachrichten hören, beunruhigt sie: Aus Russland kommt nur noch ein Viertel der vereinbarten Gaslieferungen in Tschechien an. Noch reichen die Reserven aus, aber wenn es kälter wird, könnte es schon bald knapp werden. Das sei wie in früheren Zeiten, erinnert sich Miroslav Bartik. "Das war damals in unserem Sozialismus so, da herrschte sowieso Mangel an allem. Immer wenn es plötzlich kalt wurde, dann fehlte auch noch das Gas. So war das damals, das kennt man ja heute gar nicht mehr", erzählt er.
Aber jetzt, 20 Jahre nach dem Fall des Eisernen Vorhangs, fängt scheinbar alles noch einmal an. Ein komisches Gefühl sei das, sagt Maria Bartik. Ein Gefühl der Ohnmacht gegenüber den Russen, wie man es in Prag schon lange nicht mehr kannte. "Was unsere tschechischen Politiker sagen, da hört in Russland sowieso niemand drauf", erklärt sie.
Tief verwurzelte Antipathie gegenüber Russland
Er sei kein Fan der Russen, sagt Miroslav Bartik. Seine Frau schweigt lieber – zu tief sitzt die Bitterkeit über die Großmacht Russland, die sich heute genauso wie früher einfach alles herausnehmen könne.
Wer mit den Tschechen über das Gas redet, kommt unweigerlich nach wenigen Sätzen beim Thema Russland an. Es braucht nicht viel, dass die alten Wunden aus 40 Jahren sowjetischer Herrschaft wieder aufbrechen. Wenn die Russen jetzt kein Gas mehr liefern, schürt das die antirussischen Ressentiments, die selbst bei der jungen Generation in Tschechien tief verwurzelt sind.
Elektro-Ofen statt Gasheizung
Wenn die Politiker angesichts des Lieferstopps für das Gas jetzt von Energiesicherheit sprechen, kann Miroslav Bartik darüber allerdings nur schmunzeln. Man müsse sich einfach zu helfen wissen, sagt er. Er steht von seinem Platz in der Küche auf, läuft nach nebenan ins Wohnzimmer und zeigt auf einen uralten Elektro-Ofen, über den eine Decke gebreitet ist.
Wenn das Gas ausbleibt, dann werden sie eben mit Strom heizen, sagen die Bartiks. Und plötzlich schmunzeln sie wieder: Mit den Russen und ihrer Unzuverlässigkeit müsse man eben einfach umzugehen wissen.