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Libyen hofft auf friedlichen Ramadan

Bettina Marx10. Juni 2015

Noch gibt es keine Einigung zwischen den libyschen Konfliktparteien. Aber bei einer Konferenz im Auswärtigen Amt in Berlin wurden offenbar Fortschritte erzielt, die Mut machen.

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Der UN-Sondervermittler Bernardino León und BUndesaußenminister Frank-Walter Steinmeier reichen sich die Hand bei einer Pressekonferenz in Berlin, Foto: Getty Images
Bild: Getty Images/Afp/O. Andersen

Einen ganzen Tag lang saßen sie zusammen, die 23 Abgesandten der libyschen Konfliktparteien. Sie waren mit einem Flugzeug aus Marokko in die deutsche Hauptstadt gekommen, um in Anwesenheit von Vertretern der fünf ständigen Mitglieder des Weltsicherheitsrats über einen Ausweg aus der Staatskrise in Libyen zu beraten und einen Kompromiss auszuhandeln. Mit dabei waren auch Repräsentanten von Deutschland, Spanien und Italien. "Immerhin zum ersten Mal haben sie an einem Tisch gesessen und verhandelt", sagte Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier nach der Konferenz anerkennend.

Grundlage der Gespräche war ein Vorschlag des UN-Sondervermittlers Bernardino León. Der spanische Diplomat war im Spätsommer des letzten Jahres von UN-Generalsekretär Ban Ki-Moon beauftragt worden, die Konfliktparteien an den Verhandlungstisch zu bringen und einen Friedensplan auszuarbeiten. Sein mittlerweile vierter Entwurf sieht die Bildung einer Regierung der Nationalen Einheit für Libyen vor, die verhindern soll, dass der riesige Staat zwischen Tunesien, Algerien und Ägypten auseinanderbricht und die ganze Region destabilisiert.

Vormarsch des Islamischen Staates in Libyen

Derzeit gibt es in Libyen zwei Regierungen, eine weltliche, international anerkannte, die in Tobruk im Osten residiert, und eine islamistische in der Hauptstadt Tripoli. Seit dem Sturz des früheren Machthabers Muammar al-Gaddafi vor vier Jahren eskaliert der Machtkampf zwischen rivalisierenden Gruppen und Milizen. Das nordafrikanische Land versinkt immer mehr im Chaos, die Erdölproduktion ist zum Erliegen gekommen, Gewalt und Kriminalität greifen um sich und es droht eine humanitäre Katastrophe. Auch die Terrororganisation "Islamischer Staat" mischt mit im libyschen Bürgerkrieg. Vor wenigen Tagen hat sie die Stadt Sirte an der Mittelmeerküste in ihre Gewalt gebracht. In Europa befürchtet man, dass nun neue und noch größere Flüchtlingsströme aus Afrika drohen. "Es ist jetzt der Moment gekommen, an dem es keine Ausreden mehr gibt", mahnte Steinmeier die Konfliktparteien in seiner Ansprache an die Delegationen. Das Gespräch in Berlin dürfe nicht folgenlos bleiben. Es müsse nun bald zu einer Einigung kommen. Denn mit jedem Tag, an dem der Konflikt anhalte, wachse "das Krebsgeschwür Islamischer Staat".

Islamistische Milizen in Libyen beschießen Truppen der international anerkanten Regierung von einem Panzer aus. Foto: AFP
Islamistische Milizen kämpfen gegen Regierungstruppen in LibyenBild: Getty Images/AFP/M. Turkia

"Libyen hat keine Zeit mehr"

Auch León unterstrich die Dringlichkeit einer Friedenslösung. "Wir können noch Monate oder Jahre verhandeln, bis wir eine perfekte Lösung finden", sagte er. "Aber Libyen hat diese Zeit nicht." Die Menschen stünden vor einem humanitären Desaster und die Wirtschaft des Landes sei zusammengebrochen. Vor allem aber bedrohe der "Islamische Staat" die Einheit Libyens. Die Terrormiliz wolle das Land spalten und die Ölquellen in ihre Hand bringen. Dies sei nicht nur eine Bedrohung für Libyen, sondern auch für die internationale Staatengemeinschaft.

Sein Vorschlag biete Lösungen für die meisten Probleme. Er beruhe auf dem Prinzip, dass keine Seite der anderen ihren Willen aufzwingen dürfe. "Wir brauchen eine Lösung", betonte León. Noch vor Beginn des Ramadan am 17. oder 18. Juni müssten die Konfliktparteien eine Einigung erzielen. Dies sei die Erwartung der libyschen Bevölkerung. "Wir wollen den Ramadan in Frieden feiern", so laute ihre Botschaft, die sie unter anderem über die sozialen Netzweke und im Internet verbreite. Der Beginn des muslimischen Fastenmonats sei aber kein heiliges Datum, fügte León einschränkend hinzu. Es gebe noch viele Hindernisse, die ausgeräumt werden müssten.

Der UN-Vermittler Bernardino León Foto: Getty Images
In schwieriger Mission. der UN-Gesandte LeónBild: Getty Images/AFP/A. Solaro

Hilfe aus Europa für eine Einheitsregierung in Libyen

Der UN-Diplomat León würdigte das Engagement der Bundesregierung. Wenn man in Berlin Erfolge erzielt habe, dann sei dies der Unterstützung der internationalen Staatengemeinschaft zu verdanken, vor allem aber den Bemühungen des deutschen Außenministers und seines Teams, sagte er. Nun sei es an den Verhandlungsführern der libyschen Konfliktparteien, seinen Vorschlag mit ihren Anhängern und Milizen zu beraten und bald zu einer Einigung zu kommen.

"Für Libyen ist dies die letzte Chance", bekräftigte Steinmeier. Der Kompromissvorschlag verlange beiden Seiten schmerzhafte Zugeständnisse ab. Sollten sich die Konfliktparteien jedoch auf die Bildung einer Regierung der nationalen Einheit verständigen, stünden Deutschland und die EU bereit, dem Land unter die Arme zu greifen. "Ich glaube, Europa als Nachbar kann viel tun, um Libyen zu helfen". So könne mandie Einheits-Regierung bei der Ausbildung der Polizei, beim Aufbau des Rechtsstaats und bei der Schaffung von demokratischen Institutionen und einer effizienten Verwaltung unterstützen.