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Politik

May: Brexit-Gespräche in der Sackgasse

21. September 2018

Nach dem desaströsen Verlauf des EU-Gipfels in Salzburg steht die britische Premierministerin - mal wieder - mit dem Rücken zur Wand. Die Gemeinschaft hatte ihr dort die roten Linien aufgezeigt, nun zieht May die ihren.

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Theresa May Makes EU Statement
Bild: Getty Images/J. Taylor

In einer emotionalen Fernsehansprache hat die britische Premierministerin Theresa May ihre Haltung zum Brexit verteidigt und Härte demonstriert. Der Ball liege jetzt im Feld der EU, sagte sie. Sie habe bislang noch keine Gegenvorschläge zu ihren Angeboten erhalten. Und solange steckten die Verhandlungen in einer Sackgasse. "Kein Abkommen ist besser als ein schlechtes Abkommen", sagte May. Darauf müsse sich Großbritannien vorbereiten. "Ich habe die EU immer mit Respekt behandelt. Großbritannien erwartet dasselbe", sagte sie, und forderte neue Vorschläge von der Europäischen Union. 

May gibt sich unnachgiebig. Großbritannien werde nie Brüssels Vorschlag akzeptieren, dass Nordirland in der Zollunion bleibe. Das würde ein Auseinanderbrechen des Landes bedeuten. Auch ein Verbleib im Europäischen Wirtschaftsraum sei nicht akzeptabel. 

Auf dem informellen EU-Gipfel in Österreich waren Mays Vorschläge wieder einmal auf Ablehnung gestoßen. Zudem hatten die übrigen EU-Vertreter den Zeitdruck überraschend erhöht. Statt, wie von EU-Ratschef Donald Tusk vorgeschlagen, eine Verlängerung der Frist bis zu einem Sondergipfel Mitte November zuzulassen, entschied der Gipfel, beim ursprünglichen Plan für Mitte Oktober zu bleiben.

Die harsche Ansprache der Premierministerin und die sich damit verschlechterten Aussichten für einen geordneten Austritt von Großbritannien aus der EU brachten die britische Währung unter Druck. Zum Dollar verlor das Pfund 1,4 Prozent und zum Euro 1,2 Prozent. 

Boulevardpresse vergreift sich im Ton

May war unter Druck geraten, auch weil britische Zeitungen ihrer Wut und Enttäuschung freien Lauf ließen und die EU heftig attackierten. Die Presse bezeichnet den Salzburger EU-Gipfel übereinstimmend als desaströs. Dabei sind vor allem die Boulevardzeitungen nicht zimperlich in ihrer Wortwahl: "The Sun" druckte am Freitag eine Fotomontage von zwei bewaffneten Gangstern, die den französischen Präsidenten Emmanuel Macron und EU-Ratschef Tusk zeigen sollten.

The Sun Titelseite EU Brexit May
Die britische Boulevardzeitung "The Sun" zeigte Donald Tusk und Emmanuel Macron als GangsterBild: The Sun

Darüber stand in fast sechs Zentimeter großen Buchstaben: "Dreckige Ratten der EU" und dann - deutlich kleiner - "Euro-Gangster überfallen May aus dem Hinterhalt". Weiter heißt es in der "Sun": "Wir können es gar nicht abwarten, die Schmalspur-Gangster abzuschütteln, die die Europäische Union führen."

Britische Zeitung titelt auf deutsch: "Nein, Nein, Nein"

Theresa May, die an ihren Brexit-Plänen festhält, hat aus Sicht der "Sun" mit ihrer klaren Position in Salzburg alles richtig gemacht. Doch May fühlte sich auf dem informellen Gipfel in Salzburg sichtbar unwohl. Als sie vor das Mikrofon trat, schwitzte sie, wirkte verkniffen und die Gesichtsmuskel zuckten. Normalerweise wirkt May eher beherrscht, fast roboterhaft. Einige britische Zeitungen werteten ihr Auftreten in Österreich als blanke Wut. "Nein, Nein, Nein" schrieb die Zeitung "Metro" auf Deutsch und in riesigen Buchstaben auf ihrer ersten Seite.

Der linksliberale "Guardian" nannte die Vorgänge auf dem zweitägigen Treffen in Österreich eine Demütigung für May, ebenso wie die "Times". Vor allem Paris, Brüssel und Berlin seien noch nicht bereit, Mays Pläne als Grundlage für Verhandlungen zu verwenden, kommentierte die konservative Zeitung.  In einem sind sich alle Zeitungen einig: Die Gefahr eines EU-Austritts ohne Abkommen ist durch den Gipfel in Salzburg nochmals gestiegen. Damit droht - so fürchten unter anderem viele Unternehmen -  ein chaotischer Brexit mit katastrophalen Folgen.

nob/rb (dpa, rtr, afp)