Warum ich mich mit AstraZeneca impfen ließ
"Würdest Du AstraZeneca nehmen, wenn Du könntest?" Nicht einmal zwei Wochen ist es her, dass meine Freunde und ich bei diesem Gedanken das Gesicht verzogen. Wir waren auf unserem gefühlt hundertsten Pandemie-Spaziergang und diskutierten über die Möglichkeit, uns impfen zu lassen. Für viele von uns im Alter zwischen 20 und 30 ist das immer noch ein ziemlich utopischer Gedanke - ganz weit weg.
Ich war fast erleichtert, dass eine Impfung mit AstraZeneca, die seltene Fälle von Blutgerinnseln ausgelöst hat, für mich gar nicht in Frage kam. Die meisten dieser Fälle traten nämlich bei Frauen unter 60 auf, was mich als junge Frau natürlich beunruhigt hat.
Verunsichernde Berichte der Medien
Nachdem die Impfungen mit AstraZeneca für einige Tage komplett eingestellt wurden, gibt es nun die Empfehlung, ihn nur noch Menschen über 60 zu spritzen. In Belgien und Spanien gilt eine ähnliche Altersgrenze, und Dänemark hat den Impfstoff sogar auf unbestimmte Zeit gestoppt.
Ich habe Artikel gelesen, in denen erklärt wurde, wie winzig die Gefahr ist, nach der Impfung eine Thrombose zu bekommen. Und natürlich habe ich auch die Versicherung der Europäischen Arzneimittelagentur registriert, dass "die Vorteile von Vaxzevria (AstraZeneca) bei Erwachsenen aller Altersgruppen die Risiken überwiegen." Und es gibt sogar eine Studie, die besagt, dass das Risiko während einer Corona-Erkrankung ein Blutgerinnsel zu entwickeln, größer ist als durch die Impfstoffe.
Aber die schiere Menge an Medienberichten über die möglichen Gefahren von AstraZeneca hat mich verunsichert. Würden die Vorteile einer Impfung auch in meinem Fall wirklich die Risiken überwiegen?
AstraZeneca für alle Erwachsenen in Berlin
Dann bot meine Heimatstadt Berlin kurzfristig allen Erwachsenen die Impfung mit Astra Zeneca an - ohne die Bedingungen der sogenannten "Priorisierung". Plötzlich hatte ich die Chance, einige Monate früher als erwartet eine Impfdosis zu erhalten. Ein Licht am Ende des Tunnels: Treffen mit meinen Eltern und Freunden würden so endlich wieder ohne schlechtes Gewissen möglich!
Und nur zehn Tage nach unserem Gespräch über AstraZeneca beim Spazierengehen war ich geimpft. Ein Freund hatte mir per Sprachnotiz die Adresse eines Arztes mitgeteilt, der an diesem Tag ohne Voranmeldung impfte.
Zu meiner Überraschung ließen meine Zweifel ziemlich schnell nach. Der Impfstoff von AstraZeneca war plötzlich eine reale Möglichkeit und nicht nur eine abstrakte Option, die ich wahrscheinlich sowieso nicht haben würde. Also versuchte ich zu verstehen, warum ich das Risiko so hoch eingeschätzt hatte.
Zurückschrecken vor dem Risiko?
In Deutschland entwickelten schätzungsweise 0,001 Prozent derer, die mit AstraZeneca geimpft wurden, ein Blutgerinnsel (Stand: Ende April), so das Paul-Ehrlich-Institut, die zentrale Impfbehörde des Landes. Das ist eine von 100.000 Impfungen. Noch weniger sind daran gestorben - zwölf von 4,8 Millionen, die den Impfstoff in Deutschland erhalten haben, um genau zu sein.
Aber durch die Flut von Schlagzeilen rund um AstraZeneca und die sich ständig ändernden Richtlinien - erst wurden die Alten, dann die Jungen von der Impfung ausgeschlossen, zwischendurch der Impfstoff komplett gesperrt - nahm das potenzielle Risiko in meinem Kopf immer neue Dimensionen an. Dabei überschätzen wir die Gefahr, eine Thrombose zu bekommen, völlig.
Es ist also vielen älteren Berlinern nicht übel zu nehmen, wenn sie sich nicht mit AstraZeneca impfen lassen wollen. Aber wenn vor der Impfung zurückschrecken - sollte ich das nicht auch tun?
Momente der Hoffnung
Was half, die Risikowahrnehmung zu reduzieren, waren die Reaktionen um mich herum: Auch andere junge Leute waren ebenfalls in großer Zahl bereit, sich impfen zu lassen. In meinem Freundeskreis wuchs die Aufregung, meine WhatsApp-Gruppen füllten sich mit Ratschlägen, bei welchem Arzt man sich auf Wartelisten setzen lassen sollte. Diesen Schritt nicht alleine zu gehen, hat den Unterschied gemacht.
Und als jemand, der zwanghaft jeden Tag den deutschen Impftracker aktualisiert hat, war ich begeistert, mich dem wachsenden Prozentsatz von Menschen anzuschließen, die sich impfen lassen, um sich selbst und die Menschen um sie herum zu schützen.
Nur etwas Müdigkeit
Natürlich bin ich mein Unbehagen nicht komplett losgeworden. Und natürlich werde ich meinen Körper weiterhin auf Anzeichen von Blutgerinnseln kontrollieren: extreme Kopfschmerzen, Schmerzen in der Brust, geschwollene Arme oder Beine oder punktuelle rote Flecken auf der Haut. Aber bisher habe ich nur mit einem schmerzenden Arm und etwas Müdigkeit zu kämpfen.
Einige meiner Freunde wollen lieber warten, bis sie andere Impfstoffe wie BioNTech-Pfizer oder Moderna erhalten. Ich respektiere diese Entscheidung. Aber denen, die noch unentschlossen sind, möchte ich folgendes sagen: Der Moment, als ich die vollzogene AstraZeneca-Impfung mit einer Limonade vor einem Kiosk feierte, war der hoffnungsvollste, den ich seit Beginn der Pandemie erlebt habe!
Dieser Text wurde aus dem Englischen adaptiert von Felix Steiner.