Hafensperre für Falkland-Schiffe
17. Januar 2012Dreißig Jahre nach dem Falkland-Krieg zwischen Argentinien und Großbritannien schwelt der Streit zwischen beiden Ländern weiter. Trotz der Niederlage Argentiniens erhebt das Land bis heute Anspruch auf die Inselgruppe, die circa 500 Kilometer vor der argentinischen Küste liegt.
Argentiniens Präsidentin Cristina Kirchner hatte Ende 2011 die Mercosur-Länder Brasilien, Uruguay und Paraguay um Hilfe gebeten, um den Druck auf den ehemaligen Kriegsgegner zu erhöhen und Großbritannien zu neuen Verhandlungen zu zwingen. Sie hatte Erfolg: Die vier Länder vereinbarten am 20. Dezember auf dem Mercosur-Gipfel in Montevideo, Schiffen mit Flaggen der Falklandinseln das Ankern in ihren Häfen zu verbieten.
Symbolischer Beschluss
In dem Abkommen verständigten sich die vier Mercosur-Mitglieder auf die Ergreifung notwendiger Maßnahmen, um die Einfahrt von Schiffen mit der "illegalen Flagge" der Falklandinseln zu verhindern. Die brasilianische Regierung bestätigte, dass der "Schiffsbann" bereits in Kraft getreten sei. Allerdings habe kein Boot der Islas Malvinas in den vergangenen Jahren versucht, vor der Küste Brasiliens zu ankern, so das brasilianische Außenministerium.
Die Kapitäne wissen von der heiklen Lage und tauschen einfach die Flagge der Falklandinseln gegen den britischen Union-Jack aus, dieser wird von den brasilianischen Behörden akzeptiert. Laut Aussagen der Regierung der Falklandinseln gibt es im Land nur 28 registrierte Schiffe, davon sind 20 Fischerboote.
Südamerikanische Solidarität
Antônio Carlos Lessa von der Fakultät für Internationale Beziehungen der Universität von Brasília (UnB) verdeutlicht den Stellenwert der gemeinsamen Erklärung: "Es war ein sehr wichtiger Schritt, um hinsichtlich politischer Fragen und Strategien die Länder der Region betreffend, international eine gemeinsame südamerikanische Haltung einzunehmen. Heute ist es eine Situation, die Argentinien betrifft, aber schon morgen kann es etwas sein, was ein anderes Land der Mercosur-Mitglieder berührt".
Auch Lessa weist auf den ausschließlich symbolischen Wert der Maßnahme hin und bestätigt, dass sie praktisch keinerlei Folgen habe. Der brasilianische Wissenschaftler betont außerdem, dass die Falklandinseln für Argentinien ein besonders heikles und wichtiges Thema seien: "Die Wiedereingliederung der Inseln ist in der Verfassung als nationale Aufgabe festgeschrieben".
Englische Empörung
Großbritannien reagierte sofort und beurteilte die Mercosur-Erklärung als "besorgniserregend und ungerechtfertigt". Vergangene Woche sprach der britische Außenminister William Hague von einer "Wirtschaftsblockade" und rügte die südamerikanischen Länder für die Fortführung der Sperre.
Am Mittwoch (18.01.2011) besucht Hague für zwei Tage Brasília. Das brasilianische Außenministerium erwartet, dass das Verbot ein gemeinsamer Gesprächspunkt bei dem Treffen in der Hauptstadt des südamerikanischen Landes wird. "Jetzt müssen sie eine Regelung für diese Frage finden", sagt Antônio Carlos Lessa von der UnB.
Inzwischen haben Brasilien, Chile und Uruguay aber schon bestätigt, dass von den Falklandinseln stammende Schiffe in ihren Häfen einlaufen dürfen, wenn diese statt der Malvinas-Flagge die britische Flagge hissen. Damit dürfte das kontroverse Thema erledigt sein. Laut Hague wäre die britische Regierung mit dieser Lösung "zufrieden".
Protest der Falkländer
Die Bewohner der südatlantischen Falkland-Inselgruppe beschweren sich indessen über den Ausschluss von den südamerikanischen Häfen. Ebenso der Falkland-Parlamentarier Jan Cheek: "Wir sind enttäuscht, dass eine so große Demokratie wie Argentinien glaubt, dass es nötig sei, eine Wirtschaftsblockade gegenüber ihrem kleinen Nachbarn zu verhängen. Das ist ein wenig freundschaftlicher Akt, der ihnen in ihrer Sache nicht weiterhelfen wird", so Cheek.
Der gebürtige Falkländer Cheek veröffentlichte als Reaktion auf den Mercosur-Beschluss eine Protesterklärung. Darin heißt es: "Wir sind ein ideenreiches Volk und werden uns dem Versuch Argentiniens, unser Zuhause und unsere Lebensart zu untergraben, nicht beugen."
Streit um Ressourcen
Argentinien bemüht sich indes, weitere Unterstützung auf dem Kontinent zu gewinnen. Zwischen dem 14. und 21. Januar besucht der argentinische Außenminister Héctor Timerman verschiedene Länder Zentralamerikas. Er möchte sich bei ihnen für ihre öffentliche Unterstützung in der Malvinas-Frage bedanken.
Die Lateinamerika-Expertin Claudia Zilla von der Stiftung Wissenschaft und Politik in Berlin (SWP) sieht in der Schiffsblockade eine Reaktion auf die wirtschaftliche Ausbeutung der Gewässer um die Falklandinseln herum durch die Briten. "Es ist ein Punkt, der Argentinien verärgert hat. Es ist abzusehen, dass es mit einer größeren Ausbeutung der natürlichen Ressourcen der Falklandinseln immer mehr Schiffe geben wird, die in die südamerikanischen Häfen einfahren müssen. Also sagen die Länder: 'Gut, wenn ihr einseitig diese Ressourcen ausbeuten wollt, werden eure Schiffe nicht mehr in unsere Häfen einfahren können'."
"Aber es gibt keine großen Folgen, weil Großbritannien eine Möglichkeit gefunden hat, dieses Verbot zu umgehen", erläutert Zilla und bezieht sich auf die Praxis der Falkland-Schiffer, anstatt der Malvinas-Flagge die britische Fahne zu hissen.
Weitere Bohrungen geplant
Englische Unternehmen investieren inzwischen in eine mögliche Erdölexploration in der Region. Die Firma Rockhopper gab bekannt, sie suche Partner für ein Zwei-Milliarden--Dollar-Projekt. Dessen Ziel soll die Umwandlung der Inselgruppe in ein Erdölproduktionszentrum sein. Zwischen April und Mai 2010 fand das Unternehmen Erdöl im Becken der nördlichen Inseln.
Laut Jan Cheek hatte vor 15 Jahren der Shell-Konzern die ersten Erdölfelder in der Region entdeckt. Jüngste Explorationen bestätigten die Vorkommen von Gas und Brennstoffen in den südatlantischen Gewässern. "Für das nächste Jahr sind weitere Bohrungen geplant", sagt Parlamentarier Cheek.
Autorin: Mariana Santos
Redaktion: Rachel Gessat