Merkel: Rückkehr nach Tunesien fördern
14. Februar 2017Bundeskanzlerin Angela Merkel hat Verhandlungen über eine stärkere deutsche Unterstützung der freiwilligen Rückkehr von Flüchtlingen nach Tunesien angekündigt. Denkbar seien etwa Bildungsangebote und eine finanzielle Unterstützung von Unternehmensgründungen durch Tunesien-Rückkehrer, sagte Merkel nach einem Treffen mit Regierungschef Youssef Chahed im Kanzleramt in Berlin.
"Schneller werden"
Die bisherige Rückführung abgelehnter Asylbewerber aus Tunesien laufe "nicht schnell genug", kritisierte die Kanzlerin. Nach ihren Angaben leben derzeit rund 1500 ausreisepflichtige Tunesier in Deutschland. Im vergangenen Jahr seien nur 116 Tunesier tatsächlich ausgereist. "Da müssen wir schneller werden", betonte Merkel. Die Bundesregierung bleibe mit Tunesien im Gespräch, um "diesen Prozess besser und reibungsloser zu gestalten". Klar müsse auch sein: "Wer sich auf die freiwillige Rückkehr nicht einlässt, dem müssen wir sagen, man muss es auch unfreiwillig tun", hob die Kanzlerin hervor.
Der tunesische Ministerpräsident verwies darauf, dass es bereits seit einem Jahr eine Vereinbarung mit Deutschland zur Rückführung gebe. Dieser Mechanismus müsse "umgesetzt werden in einer Weise, die die Würde der Betroffenen wahrt", sagte Chahed. Er unterstützte die Idee, abgelehnte Asylbewerber aus Tunesien "möglichst freiwillig" zur Rückkehr zu bewegen - "möglicherweise mit finanzieller Unterstützung".
Aufnahmezentren kein Thema
Die Einrichtung von Asyl-Aufnahmezentren auf tunesischen Boden kam nach Angaben der beiden Regierungschefs bei dem Treffen nicht zur Sprache. Merkel hatte noch am Wochenende angekündigt, die Möglichkeit solcher Zentren mit Tunesien zu besprechen. Chahed hatte dieser Idee jedoch in Interviews vor seinem Treffen mit der Kanzlerin eine Absage erteilt.
Im Anschluss an das Treffen besuchten Merkel und Chahed in Berlin den Ort des islamistischen Anschlags vom 19. Dezember. Der aus Tunesien stammende Terrorist Anis Amri war mit einem Lastwagen durch den Weihnachtsmarkt an der Gedächtniskirche gerast und hatte ingesamt 12 Menschen getötet.
Chahed: Keine Verantwortung für Amri
Amri war ausreisepflichtig, konnte aber wegen fehlender Papiere nicht nach Tunesien abgeschoben werden. Chahed wies vor seinem Treffen mit Merkel in einem Interview der "Bild"-Zeitung Fehler der tunesischen Behörden im Fall Amri zurück. "Als Amri 2011 Tunesien verlassen hat, war er kein Terrorist, es gab keinerlei Anzeichen dafür, dass er sich radikalisieren würde", sagte der Ministerpräsident. Tatsächlich weisen bisherige Erkenntnisse darauf hin, dass Amri sich erst später, möglicherweise im Gefängnis in Italien, radikalisiert hat.
wl/qu (dpa, epd)