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Politik

"Die Grausamkeit noch verstärken"

Carla Bleiker Washington
22. August 2019

Die USA wollen Migrantenkinder auf unbegrenzte Zeit festhalten. So seien sie nicht von ihren Eltern getrennt. Kritiker sind entsetzt. Der Streit über die neue Regelung kocht nicht zum ersten Mal hoch.

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BdTD | Tijuana | Grenze USA Mexiko
Bild: Reuters/C. Jasso

Keine Woche ohne neue Einwanderungsgesetze aus dem Weißen Haus. Erst vor wenigen Tagen kündigte die US-Regierung an, strengere Regeln für Green Card-Bewerber einzuführen. Und jetzt will Washington die Bestimmungen ändern, die seit den 1990er Jahren den Umgang mit Migrantenkindern regeln. Unter dem Flores-Abkommen, das seit 1997 gilt, mussten US-Behörden Migrantenkinder bisher nach höchstens 20 Tagen freilassen.

Die geplante Abschaffung dieser Vereinbarung würde es der US-Regierung erlauben, die Kinder und ihre Familien auf unbegrenzte Zeit in sogenannten "detention centers" entlang der Grenze zu Mexiko festzuhalten. Familien, die in den USA Asyl beantragen, könnten unter der neuen Regelung die gesamte Dauer ihres Asylverfahrens in solchen Zentren, die teilweise Gefängnissen ähneln, verbringen müssen.

US-Präsident Donald Trump schlug die Gesetzesänderung erstmals im Sommer 2018 vor, als seine Regierung scharf dafür kritisiert wurde, dass sie Migrantenkinder an der US-mexikanischen Grenze von ihren Eltern trennte. Trumps Logik: Wenn Kinder und Eltern zusammenbleiben sollen, dann müsste man eben alle gemeinsam länger festhalten. Das sorgte für Empörung bei Juristen und Aktivisten, die sich für die Rechte von Einwanderern einsetzen.

USA Aufnahmelager für illegale Einwanderer
Einwanderer in einem Aufnahmelager an der US-mexikanischen Grenze in McAllen, TexasBild: picture-alliance/AP Photo/U.S. Customs and Border Protection

"Die Inhaftierung von Familien ist nicht die Lösung: Mit seinem neuen Erlass verrät Trump Familien, die vor Gewalt und Verfolgung fliehen", sagte Denise Bell von Amnesty International USA im Juni 2018. Das Gesetz bestrafe Eltern und Kinder, die in den USA Schutz suchen. "Die Inhaftierung von Kindern verstößt nicht nur gegen die gemeinsamen Werte der Würde und Gleichheit unseres Landes, sondern ist auch rechtswidrig und droht, die Menschenrechtsbilanz der USA dauerhaft zu beschädigen." 

Damals entschied eine Richterin gegen den Vorschlag der Behörden, Kinder und Eltern gemeinsam länger als 20 Tage festzuhalten. Und auch dieses Mal regt sich Widerstand gegen die Gesetzesänderung, die die US-Regierung offiziell am kommenden Freitag vorschlagen wird. "Die Regierung sollte keine Kinder inhaftieren, und sie sollte ganz sicher nicht versuchen, mehr Kinder für eine noch längere Zeit ins Gefängnis zu stecken", sagte Madhuri Grewal von der Nichtregierungsorganisation American Civil Liberties Union.

Kinder nicht als Faustpfand missbrauchen

Trump und seiner Regierung ist das Flores-Abkommen schon lange ein Dorn im Auge. Sie bezeichnen es als "Schlupfloch" im Immigrationsgesetz, das Einwanderer und Asylbewerber ausnutzen, um nach 20 Tagen aus der Haft entlassen zu werden und ihren Gerichtstermin an einem angenehmeren Ort abwarten zu können.

"Kein Kind sollte als Faustpfand fungieren", sagte Kevin McAleenan, der kommissarische Leiter der Homeland Security Behörde, bei der Vorstellung der Regelung am Mittwoch. Ein Herr in Guatemala habe Kinder ihm gegenüber sogar als "Pass in die USA" beschrieben, so McAleenan.

USA, Washington: Kevin McAleenan
McAleenan: Bedingungen in den neuen Einrichtungen werden viel besser seinBild: picture-alliance/AP/A. Brandon

Er betonte, dass die Einrichtungen, in denen die Familien festgehalten werden sollen, "vollkommen anders" seien als die viel kritisierten "detention centers". In den familienfreundlichen Einrichtungen werde es Klassenzimmer, Bibliotheken und Möglichkeiten zum Football Spielen geben.

Trump bezeichnete die Abschaffung des Flores-Abkommen stolz als weiteres Beispiel seiner strengen Migrationspolitik und sagte, sie würde Menschen ohne berechtigten Asylanspruch davon abschrecken, in die USA zu kommen. Einwanderung und Grenzsicherung gelten als Trumps Steckenpferde und als einige der wichtigsten Themen im Wahlkampf vor den Präsidentschaftswahlen 2020.

"Herzzerreißende humanitäre Situation"

Trumps Gegner sind über den neuen Vorschlag entsetzt. Demokratin Nancy Pelosi, die Sprecherin des Repräsentantenhauses, sagte, die Regierung versuche "Kindesmissbrauch festzuschreiben". Kinder noch länger in Haft zu halten, "würde die Grausamkeit noch verstärken und die herzzerreißende humanitäre Situation an der Grenze eskalieren". 

Theoretisch könnte die Gesetzesänderung 60 Tage nach der offiziellen Veröffentlichung am Freitag in Kraft treten. Aber bereits am Mittwoch kündigten Aktivisten, Hilfsorganisationen und Politiker an, gegen ein Ende des Flores-Abkommens gerichtlich vorgehen zu wollen. Der Streit wird sich also wohl noch eine Weile hinziehen.

Carla Bleiker
Carla Bleiker Redakteurin, Channel Managerin und Reporterin mit Blick auf Wissenschaft und US-Politik.@cbleiker