Mikrokredite in Deutschland
16. März 2010Mitunter können selbst Industrieländer wie die Bundesrepublik noch von Entwicklungsländern lernen. Beispielsweise beim Thema Mikrokredite. Das ist ursprünglich eine Geschäftsidee von Mohammad Yunus, dem Träger des alternativen Nobelpreises. Mit solchen Kleinstkrediten verhalf er in Bangladesh Tausenden zu beruflicher Selbständigkeit und einem gesicherten Einkommen.
Dieses Prinzip soll nun auch in Deutschland Menschen in die Selbständigkeit helfen und so hat die Bundesregierung Anfang 2010 einen „Mikrokreditfonds Deutschland“ mit einem Volumen von 100 Millionen Euro gestartet. Mit dem deutschlandweiten Ausbau des Geschäftes mit Kleinstkrediten hat das Bundesministerium für Arbeit und Soziales die Gemeinschaftsbank GLS betraut, das größte ethisch-ökologische Geldinstitut in der Bundesrepublik.
Für diese Aufgabe bot sich die GLS an, meint Thomas Jorberg, den Vorstandssprecher der GLS. „Wir haben seit über zehn Jahren Erfahrung in der Kleinkreditvergabe in Deutschland gehabt." Darauf konnte die GLS zurückgreifen, als sie zusammen mit dem von ihr mitgegründeten Deutschen Mikrofinanzinstitut und einer ganzen Reihe von Mikrofinanzierern dieses Modell aufbaute.
Hilfe zur Selbsthilfe in Deutschland
Trotz innovativer Ideen blieb Existenzgründern und Kleinunternehmen in den vergangenen Jahren der Zugang zu Kapital häufig versperrt. Das soll sich nun mit dem „Mikrokreditfonds Deutschland“ ändern. Über den Fonds werden Kredite mit bis zu 20.000 Euro und einer Laufzeit von bis zu drei Jahren vergeben. Vor allem aber muss der Kreditnehmer keine umfassenden Sicherheiten, wie sie üblicherweise von Banken verlangt werden, geben.
So will die Bundesregierung zu mehr unternehmerischen Engagement motivieren und Arbeitsplätze schaffen. Und auch Thomas Jorberg ist überzeugt, dass die Vergabe von Mikrokrediten auch in Deutschland letztendlich Hilfe zur Selbsthilfe ist. Außerdem würden gerade kleinere Unternehmen Arbeitsplätze schaffen, denn die seien in der Regel eng am Bedarf des Marktes orientiert, meint Jorberg.
Alle Branchen willkommen
Mikrokredite können an Einzelpersonen oder Kleinstunternehmen vergeben werden, für die Gründung einer Existenz oder für die Festigung des Geschäfts, erklärt der GLS-Vorstandssprecher. Wenn die Mikrofinanzierer die Tauglichkeit einer Geschäftsidee geprüft und für aussichtsreich befunden haben, dann sprechen sie eine Empfehlung aus, der die GLS durchweg folgt.
Dabei spiele die Branche, aus der der Antragssteller kommt, keine ausschlaggebende Rolle, sagt Jorberg. "Wenn wir den Eindruck haben, da hat jemand Fähigkeiten, die er anderen erschließen kann, dann bekommt er einen solchen Kredit - das kann beispielsweise auch ein Hausmeister-Service sein.“ Dementsprechend reicht die Bandbreite vom Grußkartenservice bis zum Handel mit exotischen Instrumenten.
Geld fließt schnell
Liegen Antrag und Kreditempfehlung der Mikrofinanzierer erst einmal vor, dann stellt die Bank das Geld innerhalb weniger Tage zur Verfügung. Schließlich sollen gerade Unternehmensgründer dadurch die Chance erhalten, schnell auf dem Markt Fuß zu fassen. Und damit kein Kleinunternehmer kurz vor dem geschäftlichen Durchbruch noch auf der Strecke bleibt, erläutert Jorberg: „Wir vergeben oft Stufenkredite. Jemand fängt also erst mal mit einem kleinen Kredit an, entwickelt sich dann weiter und bekommt später unter Umständen auch einen größeren Kredit.“
Mit dem Auftrag der Bundesregierung ist man nun in der Lage, das Mikrofinanzangebot in Deutschland flächendeckend auszubauen. Und an dem Bedarf besteht für Thomas Jorberg kein Zweifel. „Unsere Planungen sehen vor, dass wir dieses Jahr rund 900 Kredite aus dem Bereich vergeben und dass das bis zum Jahr 2015 auf 15.000 Kredite ansteigt.“
Autor: Klaus Deuse
Redaktion: Insa Wrede