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Deutsche Städte gegen den Klimawandel

Janina Semenova
5. August 2017

Brütende Hitze wechselt sich ab mit überfluteten Straßen: So zeigt sich bislang der Sommer 2017 in Deutschland. Mit welchen Maßnahmen wappnen sich deutsche Städte gegen das extreme Wetter?

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Berlin Bus & Regen
Bild: picture-alliance/dpa/B. Pedersen

Ein Mann, der auf dem Surfbrett über eine überflutete Straße paddelt, U-Bahn-Schächte, die an Wasserfälle erinnern, und ein Bus, der durch tiefes Wasser pflügt. Solche Bilder aus Berlin stehen exemplarisch für viele Orte in Deutschland, die in den letzten Wochen mit Unwettern zu kämpfen hatten.

Der deutsche Sommer war, was das Wetter angeht, bisher vor allem eines: extrem. Dem Deutschen Wetterdienst (DWD) zufolge gehörte der Juli 2017 zu den regenreichsten Monaten seit Beginn der Messungen im Jahr 1881. Für Klimaforscher sind diese Extreme ein Zeichen dafür, dass der Klimawandel seine Auswirkungen im Alltag zeigt. Das heißt im Sommer dann eben: Heiße, schwüle Sommertage wechseln sich mit starkem Regen ab.

Damit sind vor allem Städte vor große Probleme gestellt. Sie müssen bei starkem Regen mit den Wassermassen klarkommen: Bei Dauerregen ist häufig die Kanalisation überlastet und die Böden können das viele Wasser nicht mehr aufnehmen. Die Folge: Die Straßen sind überflutet, Keller laufen voll und die Feuerwehr muss zu Dauereinsätzen ausrücken.

Auch Hitze kann zu einer großen Last werden. Vor allem dicht besiedelte Städte und Ballungszentren haben damit zu kämpfen. In Städten sind die Temperaturen oft höher als im unbebauten Umland - im Sommer teilweise um bis zu zehn Grad Celsius. Schuld daran ist die geringe Luftzufuhr. Und: Eine große Anzahl von Gebäuden bedeutet, dass es mehr Oberflächen gibt, die Wärme speichern können.

"Es hat eine Weile gebraucht, bis Stadtplaner und Stadtentwickler verstanden haben, dass das ein Thema ist, womit sie sich künftig beschäftigen müssen", sagt Christian Hartwig vom Umweltamt der Stadt Köln über die Anpassung an den Klimawandel.

Der Klimawandel ist da

In der Theorie ist der Klimawandel auf jeden Fall im Bewusstsein angekommen: Zahlreiche deutsche Städte wie Köln haben in den letzten Jahren begonnen, sogenannte "Klimaanpassungskonzepte" zu entwickeln, und beauftragen Experten, die Konzepte für bessere Vorkehrungen für das nächste Unwetter oder den nächsten Starkregen zu erarbeiten.

An Mitteln mangelt es auf keinen Fall: "Es gibt etablierte Konzepte aus der Stadtklimatologie, die sich eigentlich schon seit Jahrzehnten bewährt haben", erklärt Dirk Dütemeyer. Der Essener Umweltmeteorologe erstellt selbst Gutachten, in denen er bewertet, ob der Städtebau dem Klimawandel gerecht wird.

Berlin Fassadenbegrünung
Grüne Fassaden wirken im Sommer kühlendBild: picture alliance/dpa/Arco Images

Bei Hitze in Städten sind architektonische Maßnahmen gefragt: Gebäude sollten so gestaltet werden, dass sie sich weniger aufheizen. Dabei helfen zum Beispiel helle Fassaden, aber auch Grünflächen auf Dächern und an Fassaden, die kühlend wirken und auch bei Regen nützlich sind: "Wenn man Dächer von Wohngebäuden über Quadratkilometer flächenhaft begrünen könnte, hätte man den Vorteil, dass bei einem Starkniederschlag das Gründach erst einmal das Wasser aufnehmen könnte und zeitverzögert wieder abgeben könnte", erklärt Umweltmeteorologe Dütemeyer. So würden Straßen nicht so schnell  überschwemmt.

In der Praxis kann das aber nicht immer so einfach umgesetzt werden: "Sie können nicht erzwingen, dass ein privater Eigentümer am Haus bestimmte Maßnahmen vornimmt", sagt Beate Profé, die in der Berliner Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen die Abteilung Stadtplanung leitet. Berlin bietet Hauseigentümern seit einiger Zeit Beratungen an und informiert darüber, welche Vorteile begrünte Dächer mit sich bringen.

Andere Städte locken mit konkreten Förderungen: Hamburg hat seit dem letzten Jahr ein Programm für Dachbegrünungen. Auch in kleineren Städte und Kommunen können private Hausbesitzer Zuschüsse beantragen.

Weg mit dem Asphalt

Schlecht bei Hitze sind asphaltierte Böden, die sich im Sommer stark aufheizen. In Bonn wurde dazu das Projekt "Natur in graue Zonen" entwickelt. Unternehmen "entsiegeln" dazu Flächen, brechen also den Asphalt in ihrem Eingangs- und Parkbereich auf und machen die Innenstädte so grüner. Außer Bonn beteiligen sich noch andere deutsche Städte an dem Projekt.

Pflasterfugen mit versickerungsfreundlichem Bodenbelag
Durch solche Pflasterfugen kann Wasser besser im Boden versickernBild: picture alliance/dpa/blickwinkel/M. Henning

An Ideen, wie Städte dem Klimawandel begegnen können, mangelt es nicht - die Probleme liegen eher in der Umsetzung. Städte sind nun einmal schon da, weshalb gewisse Gegebenheiten sich nicht so leicht ändern lassen - wie zum Beispiel die Kanalisation. Sie wurde zu Zeiten gebaut, als man noch nicht mit dem jetzt immer häufiger auftretenden Starkregen gerechnet hat. Deshalb läuft die Kanalisation bei starkem Regen wie in den letzten Wochen in Deutschland auch häufig voll. Wäre eine Erneuerung der Kanalisation die Lösung? "Das ist natürlich ein kühnes Gedankenspiel", sagt der Umweltmeteorologe Dütemeyer dazu. "Wer soll das alles bezahlen?" Großstädte wie Berlin bauen aber zurzeit zumindest mehr unterirdischem Stauraum für Regenwasser.

Ein begrüntes Dach in Berlin-Adlershof
Ein begrüntes Dach in Berlin-AdlershofBild: picture alliance/dpa/dpa-Zentralbild/ZB/B. Pedersen

Der Fokus der Stadtplaner liegt auf der Zukunft. "Der Neubau ist das, wo man sagt: 'Von jetzt an bauen wir für die nächsten 100 Jahre.' Da sollten wir die heutigen Erkenntnisse unbedingt miteinbringen", sagt Beate Profé. Als Beispiel nennt sie den Ortsteil Adlershof in Berlin, in dem ein neues, "abflussloses" Siedlungsgebiet entwickelt wurde. Das heißt konkret: Regenwasser wird in Rasenmulden gesammelt und versickert dort.

Komplett bebaute Stadtviertel klimawandelgerecht umzubauen, ist utopisch - das weiß auch der Experte Dütemeyer. In der Realität können seine Ratschläge nie komplett umgesetzt werden - sei es aus organisatorischen, finanziellen oder politischen Gründen. "Die Klimawandelkomponente ist nur eine von vielen, die in der Planung berücksichtigt werden muss", so der Experte. Dütemeyer glaubt trotzdem, dass genug getan werde: "Wichtig ist, dass bei den Stadtplanern die Sensibilität da ist, damit sie sich des Problems überhaupt bewusst sind."

Kommentarbild PROVISORISCH DW Autorin Janina Semenova
Janina Semenova DW-Korrespondentin in Riga@janinasem