Musik statt Gladiatorenkämpfe
29. August 2011Eine antike Bühne mit schwarzen und dunkelroten Vorhängen ausgekleidet erhebt sich in der Mitte des römischen Amphitheaters im archäologischen Park in Xanten. Darauf massenweise Stühle in einem Halbkreis angeordnet, hinter einer Plexiglaswand sind ein großes Schlagzeug und eine E-Gitarre zu erkennen. Hier treffen zwei musikalische Welten aufeinander: Beim Konzert "Classic goes Rock" spielt das New Prague Philharmonic Orchestra unter Dirigent Friedemann Riehle Hits von Deep Purple, U2, Pink Floyd und Queen.
Eigenwilliger Stil-Mix
Intendant Walter Schürmann ist gespannt auf die Reaktionen des Publikums: "Das ist das erste Mal, dass wir so was veranstalten. Wenn ich mich so umschaue, dann haben wir sowohl Opern- als auch Rockpublikum." Die Rocktitel im Klassik-Sound kommen bei den Zuhörern sehr gut an: kaum hat das Orchester mit Deep Purples "Smoke on the Water" begonnen, wippen viele Füßen im Rhythmus mit. Bekanntes steht im Mittelpunkt der Sommerfestspiele Xanten – ob im Bereich Oper, Operette, Musical oder Schauspiel.
Ungezwungene Atmosphäre
Anfang der 80er Jahre kam die Idee auf, das teilrekonstruierte Amphitheater im archäologischen Park für Sommerfestspiele zu nutzen. Walter Schürmann realisierte das erste Festival – mit der Aufführung von Peter Tschaikowskys Ballett "Schwanensee". Der Zuspruch war so groß, dass bald auch populäre Musikwerke auf die Bühne kamen, wie Leonard Bernsteins "West Side Story", Richard Wagners "Fliegender Holländer" oder Johann Strauß’ "Fledermaus". Neben der Musik liebt das Publikum vor allem die ungezwungene Atmosphäre der Xantener Sommerfestspiele: "Da kann ich hingehen ohne den Zwang, einen Nadelstreifenanzug dafür anziehen zu müssen", sagt ein Besucher. Seine Frau ergänzt: "Hier ist es immer so nett. Außerdem können wir was zu essen und zu trinken mitnehmen. Fast schon wie bei der Last Night of the Proms!"
Italienisches Flair
Ein Konzert oder eine Oper in einer Arena erleben: da drängt sich der Vergleich mit Verona auf. Doch Intendant Walter Schürmann winkt ab: "Wir haben uns immer gesträubt, den Namen Verona mit uns in Verbindung zu bringen, das kann man nicht vergleichen. Der Name vom 'Verona des Niederrheins' kam ausgerechnet vom früheren Chef von Verona, der uns immer als 'piccola Verona' bezeichnete, aber das ist ein Scherz."
Jubiläum im Visier
Die Sommerfestspiele locken jährlich zahlreiche Besucher nach Xanten, die nicht nur aus der näheren Umgebung kommen, sondern sogar aus Frankreich oder Italien anreisen. Jeder sonnige und ausverkaufte Spieltag ist gut für die Festivalkasse, meint der Intendant: "Natürlich haben wir einige Sponsoren, aber es wird immer schwieriger. Subventionen bekommen wir auch keine, das heißt, wir finanzieren uns ausschließlich aus dem Kartenverkauf." Doch der läuft offensichtlich ganz gut, denn das Programm zum 30-jährigen Jubiläum im nächsten Jahr steht schon fest. Und eines ist auch klar: Wer in Deutschland ein Konzert oder eine Oper in einer römischen Arena erleben will, kommt an Xanten nicht vorbei.
Autor: Klaus Gehrke
Redaktion: Gudrun Stegen