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Niger: Vorbild beim Giraffenschutz

Friederike Müller-Jung, Abdoulaye Mamane Amadou24. September 2016

Weltweit sinkt die Zahl freilebender Giraffen. Im westafrikanischen Niger leben Menschen und Tiere friedlich miteinander - und die Zahl der Tiere steigt wieder. Doch auch sie sind bedroht. Ein Besuch im Kouré-Reservat.

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Giraffen aus dem Kouré Giraffen-Reservat Foto: picture-alliance/robertharding/Godong
Bild: Getty Images/AFP/B. Hama

Die Blätter in den Bäumen rascheln sanft im Wind, die fünf Meter hohe Giraffe reckt ihren Hals noch ein kleines Stück - und zupft sich ihren Imbiss aus der Baumkrone. Es ist eine Westafrikanische Giraffe, eine Art, die nur hier zu finden ist: im Kouré-Reservat, etwa 60 Kilometer von Nigers Hauptstadt Niamey entfernt. Hier können Besucher den eleganten Riesen ganz nah kommen und sie in ihrem natürlichen Lebensraum bewundern.

Vor 20 Jahren sah das noch anders aus. Von einst tausenden Westafrikanischen Giraffen in waren nur noch wenige Exemplare übrig. Der Großteil war Jägern und Wilderern zum Opfer gefallen oder hatte durch die zunehmende Wüstenbildung und die Ausdehnung der landwirtschaftlichen Anbauflächen schlicht keinen Raum und keine Nahrung mehr gefunden. Weniger als 50 Exemplare der Westafrikanischen Giraffe zählten Experten Mitte der 1990er Jahre im Niger.

Kein Streit um Wasser und Bäume

Heute leben dort fast zehnmal so viele, wie die jüngste Zählung ergab. "Wir warten noch auf die endgültigen Zahlen, aber es kann gut sein, dass es mehr als 450 sind", sagt der renommierte Giraffen-Forscher Julian Fennessy. Er ist Mitgründer und einer der Leiter des Giraffenschutz-Zentrums "Giraffe Conservation Foundation" in Namibia. Seit Jahren unterstützt er nigrische Organisationen beim Giraffenschutz. "Dass die Population so stark gewachsen ist, ist unglaublich", freut er sich. "Ich hoffe, das geht so weiter und die Giraffen ziehen bald auch wieder in die Gebiete, in denen sie vor vielen Jahrzehnten mal ansässig waren."

Giraffen aus dem Kouré Giraffen-Reservat Foto: picture-alliance/robertharding/Godong
Die lokale Bevölkerung bekommt Brennholz gestellt - und konkurriert so nicht mehr mit den Giraffen um die BäumeBild: picture-alliance/robertharding/Godong

Den Erfolg führt er zurück auf eine beispielhafte Zusammenarbeit der Regierung mit Naturschützern, lokalen und internationalen Organisationen. "Sie haben den Menschen Alternativen zum Wildern aufgezeigt und sie in den Schutz der Giraffen mit einbezogen", sagt Fennessy. Der lokalen Bevölkerung sei zum Beispiel Feuerholz zur Verfügung gestellt worden, sodass sie nicht die Bäume abholzen müsse, von denen sich die Giraffen ernährten. Man habe außerdem neue Brunnen für die Dorfbewohner gebaut, sodass die Giraffen ihre Wasserquellen ganz für sich hätten, sagt Fennessy. Zudem stellte die nigrische Regierung das Wildern von Giraffen unter strenge Strafen.

Die neuen Gefahren: Autos und Terroristen

Samaila Arzika zeigt auf ein paar Giraffen im Kouré-Reservat. Er leitet die Gruppe der Ranger, die sich hier um die Tiere kümmert. "Die Giraffen können hier in Ruhe leben. Es gibt keine wilden Tiere wie Hyänen oder Löwen, die sie jagen. Und keine Wilderer", sagt er. Trotzdem seien die Giraffen Gefahren ausgesetzt: auf einer der Straßen, die durch das Gebiet führen, sei erst vor kurzem wieder ein Tier angefahren worden, erzählt er. Doch im Allgemeinen lebten Menschen und Tiere hier friedlich beieinander.

Das bestätigt Siddi Adamou. Der 22-Jährige ist in Kouré groß geworden und lebt noch immer dort. "Wir profitieren von den Giraffen hier", sagt er. Denn Touristen, die die Tiere und das Reservat besichtigen, hätten wichtige Einnahmen gebracht. "Dadurch haben wir hier Schulen, Krankenhäuser und Medikamente." Aber die unsichere Lage im Nachbarland Mali und die konstante Bedrohung durch die in der Region gefürchtete Terrorgruppe Boko Haram schrecken Touristen ab. Seit einigen Jahren kommen nur noch sehr wenige - und das Geld für den Kouré-Nationalpark und die dort lebenden Menschen bleibt aus.

Giraffen aus dem Kouré Giraffen-Reservat Foto: picture-alliance/robertharding/Godong
Die zunehmende Wüstenbildung bedroht den Lebensraum der Westafrikanischen GiraffenBild: picture-alliance/robertharding/Godong

Vorbild für Ost- und Zentralafrika

Das kann auf Dauer auch den Giraffen gefährlich werden. Denn die Eintrittsgelder kommen ihrem Schutz zugute. Und wenn die Einnahmen aus dem Tourismus wegfallen, könnten Menschen in Kouré wieder aufs Wildern zurückgreifen, befürchtet Giraffen-Experte Fennessy. Daher sei es besonders wichtig, dass die Regierung und internationale Organisationen den Schutz der Tiere weiter förderten.

Dennoch haben die Giraffen im Niger mittlerweile einen vergleichsweise guten Stand: "In den vergangenen 30 Jahren ist die Zahl der Giraffen in ganz Afrika stark zurückgegangen, um fast 40 Prozent", sagt Fennessy. Gerade in Zentral- und Ostafrika seien die Zahlen alarmierend. Im Vergleich dazu ist der Giraffenschutz im Niger für Fennessy eine echte Erfolgs-Geschichte: "Ich hoffe, davon können wir für andere Regionen lernen."